Wer A ist, muss auch B sagen
Wenn Kunstbanausen, Finanzpolitiker und Wirtschaftszeitungen über das Theater sprechen, dann hört sich das häufig so an, als beginne hinter dem Kartenabreißer eine kapitalismusfreie Zone. Aufzuzählen, wie viele Euro Steuergelder unter jedem Theatersessel kleben, gilt dann als Spitzen-Bonmot, um mit der Behauptung vermeintlicher Verschwendung den Populismus zu schüren.
Denn obwohl Theater eindeutig eine demokratische Dienstleistung ist, die sich ebenso wenig eigenfinanzieren kann wie Parlamente oder Behörden, suggerieren derartige Zahlenspiele, Subventionen an Theater seien wie Kohlesubventionen Gnadengeschenke für einen Wirtschaftszweig, der sich im freien Markt nicht behaupten kann.
Und die Botschaft kommt an. Dort, wo Sozialneid und Ahnungslosigkeit sich zu öffentlichen Äußerungen verdichten, etwa in Berliner Rap-Videos, ist das Feindbild der Kunstschwuchtel ein stehender Terminus. Der verdeckte Aufruf zum kulturellen Kannibalismus, den die dauernde Geringschätzung des Theaters als Patient der Öffentlichen Hand mitteilt, fruchtet aber nicht nur bei den kreativen Chronisten der Dummheit. Vermutlich gibt es im deutschen Jammertal längst eine Mehrheit ganz vernünftiger Mitbürger, ...
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Theater heute Jahrbuch 2005
Rubrik: Die neue Klassengesellschaft?, Seite 6
von Till Briegleb
Belbels frühes Stück aus dem Jahre 1989 «In Gesellschaft von Abgrund» theatralisiert die Spanne zwischen dem Anfang und dem Ende eines Satzes als Abgrund zwischen zwei Menschen. Sein vorerst letztes Stück, «Wildfremde», uraufgeführt im September 2004 in Barcelona, schickt Vertreter zweier Generationen auf eine Zeitreise: Übergangslos beamt der Autor als...
Endlich waren sich klare Kritiker-Mehrheiten einmal einig: Der Dramatiker des Jahres heißt Lukas Bärfuss, dessen Glaubensstück «Der Bus» auf die Bühne bringt, worüber alle sonst immer nur auf Podiumdiskussionen palavern. Und die unumstrittene Nachwuchsdramatikerin der Saison ist Anja Hilling, Noch-Studentin für Szenisches Schreiben in Berlin, aber schon von vielen...
Soeben hat sich der feine ältere Herr, der aus dem Kaukasus kommt und dessen türkischen Namen sich vorerst niemand merken kann, in Positur gestellt auf der Gartenbank im kleinen grünen Park des Sankt-Gertrauden-Krankenhauses in Berlin. Und auch die anderen nehmen fremde Haltungen an: Der alte Fritz zum Beispiel spielt – na klar! – den «Alten Fritz», und Carmen im...