Wenn sich das Unsagbare verplappert

Das Chortheater von Susanne Zaun und Marion Schneider gräbt im kollektiven Unbewussten und fördert so manchen Versprecher zutage – wie in ihrem neuen Stück «It’s not over until the fat lady sings oder Der Chor im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit»

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Der Frosch wartet auf eine Verabredung zum Quatschen. Der Eisbär kocht, und das Zebra denkt über die Innendekoration nach. Man könnte mal wieder streichen, «vielleicht in Gelb? Mal was anderes». Eine kleine Auffrischung würde dem Zimmerchen tatsächlich guttun mit seinem gerade so nicht mehr coolen, angebräunten 1950er Look samt Furnierholz und Pannesamtsofa. Während die Tiere in dieser Holzbox herumhängen, die sich nach zwei Seiten dem Publikum öffnet, nimmt eine kleine Klaviermelodie enthu­siastisch Anlauf.

Doch ihr fröhlicher Auftakt wird eingeholt von einem E-Bass und verläuft sich im Ungefähren, im immergleichen Klimperloop. So dreht die Musik ihre Runden, und vier Gestalten mit Tiermasken gehen gedankenversunken ihren Alltagstätigkeiten nach, jede in ihrer Bl, Bll – aber nein, voll ausgesprochen wird das Wort «Blase» hier nicht. Aber wer sind die denn überhaupt? Und wo sind wir?

Die Regisseurinnen Susanne Zaun und Marion Schneider haben, das ist gewiss, ein neues Stück auf die Bühne des Frankfurter Künstlerhauses Mousonturm gebracht, «It’s not over until the fat lady sings oder Der Chor im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit». Gemeinsam mit zwei Chören aus jeweils ...

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Theater heute April 2018
Rubrik: Akteure, Seite 41
von Esther Boldt

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