Unbehagliches Erbe

Ringlein, Ringlein, Du musst wandern – die Iffland-Ringelei geht in die nächste Runde

Theater heute - Logo

Zu den skurrileren Bräuchen im deutschsprachigen Theater gehört die Auszeichnung des «bedeutendsten und würdigsten» Schauspielers durch den Iffland-Ring. Diesen Ring, der einst dem Schauspieler, Theaterdirektor und Goethe/Schiller-Zeitgenossen August Wilhelm Iffland gehörte, besitzen seine Träger bis zu ihrem Tod, wobei sie ihn nicht mit ins Grab nehmen, sondern ihn, gleichsam am Sterbebett, an den nächst bedeutendsten und würdigsten Schauspieler weiterreichen.

Ringlein, Ringlein, du musst wandern, das kann in Sachen Iffland-Ring ganz schön lange dauern: Bruno Ganz, der ihn gerade an Jens Harzer vererbt hat, besaß ihn 23 Jahre, Josef Meinrad, von dem wieder Ganz ihn erhielt, sogar 37 Jahre. 

Dabei ist die patrilineare Ringweitergabe von einem Meister zum anderen gar nicht so nibelungenalt, wie man meinen könnte, sondern ein typischer Einfall und Ausdruck des romantischen 19. Jahrhunderts. Sie entsprach ursprünglich dem Ensemblegedanken als Freundeskreis (Iffland selbst hatte den Ring mit mehreren Kopien zunächst als Bundeszeichen gedacht), aber auch den Schauspielhäusern, die so feudal und patriarchal wie Erbhöfe bestellt wurden, und erfüllte das wachsende Bedürfnis nach Pathos ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Mai 2019
Rubrik: Foyer, Seite 1
von Eva Behrendt

Weitere Beiträge
Berlin: Ein Mann mit Zukunft

Das Liebesmodell dieses Monsieur Alceste ist schnell erklärt: Die Angebetete soll in eine Art Privatbesitz verwandelt werden, von der Welt weggesperrt in klösterliche Zweisamkeit zur Steigerung des eigenen männlichen Selbstwertgefühls. Die amouröse Vortrefflichkeit des akkurat graugekleideten, etwas steifen älteren Herrn, der sich selbst für unwiderstehlich hält,...

Düsseldorf: Migrantenweltdrama

Am Anfang ist scheinbar noch alles in Ordnung: ein detailgetreu nachgebautes Zimmer einer Arbeiterwohnung im New York der 50er Jahre. Damals gab es in den USA schon, was uns heute umtreibt: illegale Einwanderung. Und am Ende hat dieses Problem die ganze falsche Ordnung aufgelöst. Von der tristen Ordnung zum schönen Chaos, von Realismus zu abstrakter Symbolik, das...

Necati Öziri: Die Verlobung in St. Domingo - Ein Widerspruch

Das Stück «Die Verlobung in St. Domingo - Ein Widerspruch» von Necati Öziri aus der aktuellen Ausgabe ist im Browser nicht darstellbar. Abonnenten, die das Stück digital lesen möchten, schicken bitte eine E-Mail an: kontakt@der-theaterverlag.de. Wir senden Ihnen das Stück dann als PDF-Dokument zu.