Ritter spielen
Vielleicht sollte man Macbeth einmal zur Abwechslung als frühen Kulturkritiker verstehen. Jedenfalls befindet er sich im dritten Akt, vierte Szene, an einem ungewöhnlichen Punkt der Erkenntnis. Er hat an dieser Stelle des Dramas bereits König Duncan und dessen Diener erstochen, um sich selbst die Krone aufzusetzen, dann den Freund Banquo ermorden lassen, andere werden folgen. Da erinnert er sich plötzlich ganz hellsichtig an die guten alten Zeiten, bevor «das menschliche Gesetz die Menschenordnung sauber hielt».
Blut sei schließlich schon immer vergossen worden, aber früher war alles einfacher. «Das war die Zeit, als einer starb, wenn ihm / der Schädel eingeschlagen wurde, und Schluss», lamentiert Macbeth in der trocken-genauen Übersetzung von Thomas Brasch. Dagegen heute: Probleme, wo man hinschaut, hinhaut – «doch heutzutage stehn sie wieder auf, mit 20 Löchern, tödlich, mörderisch im Kopf und stoßen uns vom Stuhl. Das ist viel schlimmer als jeder Mord.»
Solche Gedanken fallen über den bröckelnden Fliesen der guten alten Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck auf sinnreichen Boden beim Festival Ruhrtriennale. Was mögen das noch für ruhmreiche Ruhrzeiten gewesen sein, als in ...
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Theater heute Oktober 2011
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Franz Wille
Sonntag, 2.
10.00, arte: Der Hässliche – von Marius von Mayenburg, mit Frédéric Cherboeuf, Delphine Cogniard u.a., Regie Denis Caiozzi. Aufzeichnung aus dem Théâtre de Grenoble (2011)
Montag, 3.
13.05, arte: Max Frisch, Citoyen – französischer Dokumentarfilm (2008) von Matthias von Gunten
16.15, arte: Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben – Fernsehfilm (2009) von Michael...
Aufführungen
Mit einem selbstbewussten Schauspielertheatersalut eröffnet Martin Kusej seine Intendanz am Münchner Residenztheater: Arthur Schnitzlers «Das weite Land» wurde vor ziemlich genau 100 Jahren ebendort und gleichzeitig an acht anderen Theatern uraufgeführt. Schlag auf Schlag geht es weiter u.a. mit Inszenierungen von Frank Castorf (Horváths «Kasimir und...
Mit «Under my thumb» von den Rolling Stones, der Hymne der Frauenunterdrücker, beginnt der Abend. Ein Ekel ist dieser «Er». Ein egomaner Choleriker. Kümmert sich nicht um sein Kind und wirft seiner Frau vor, sie sei schuld daran, dass es nicht spricht.
Der Held und Erzähler von Rolf Dieter Brinkmanns 1968 veröffentlichtem Roman «Keiner weiß mehr» ist (seinem Autor...