Öffnungen, Entdeckungen

Mit dem neuen Direktor Tiago Rodrigues geht das Festival d’Avignon auf Entdeckungsreise: Neue Arbeiten von Philippe Quesne, Julie Deliquet, Bintou Dembelé, Tim Crouch und vielen anderen

Theater heute - Logo

Kann mal bitte jemand die Zikaden abstellen? Theater beim Festival von Avignon ist zu weiten, oft den schönsten Teilen Theater an der freien Luft. In romanischen Kreuzgängen, barocken Innenhöfen, klassizistischen Gärten. Das hat zur Folge, dass auch mal ein dicker Käfer auf dem Mond im «Sommernachtstraum» herumbrummt oder dass weit oben im Pro -vencehimmel die Schwalben kreischen, ohne sich weiter um das Bühnengeschehen zu kümmern. Und eben so gut wie durchgehendes Grillengezirpe.

Ab Temperaturen um 23 Grad legen die Langfühlerschrecken los, heißt es, in diesen Sommernächten wurde die Grenze selten unterschritten. Kein Wunder, ärgert sich der schicke Rockstar – weiße Cowboystiefel, weiße Fransenjacke, weißer Stetson – in Philippe Quesnes «Garten der Lüste» («Le jardin des délices»). Er will ein selbstverfasstes Gedicht rezi -tieren, der Insektengesang stört. Womit er nicht gerechnet hat, und ganz gewiss auch niemand im Publikum, ist, dass sein Kollege am Keyboard dienstbeflissen einen Schalter umlegt – und es herrscht Stille im Felsenrund.

Cowboys, Eier, 3D-Skelette: Quesne meets Bosch

Wie er die Grillen zum Schweigen gebracht hat, bleibt Philippe Quesnes Geheimnis. Der ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Oktober 2023
Rubrik: Festivals, Seite 27
von Andreas Klaeui

Weitere Beiträge
Zeit- und steißvergessen

Abends sinken die Temperaturen dann doch unter vierzig Grad. Die steinernen Sitzbänke im weiten Rund des Amphitheaters sind aber immer noch so aufgeheizt, dass man sie gut als Herdplatte nutzen könnte. Das weite Rund oben am Berg, etwas abseits des Küstendorfes Epidaurus, fasst maximal 14.000 Zuschauer:innen. An diesem Abend zugelassen sind «lediglich» 9000. Der...

Entgrenzung und Transzendenz

Zwei Neonaugen leuchten in die Nacht hinein über dem Hintereingang des Theaters an der Ruhr. Zum Schlund wird das Türportal, das die Zuschauer vom illuminierten Raffelbergpark hineinsaugt und wieder ausspuckt. Innen ist das Foyer mit schwarzen Glitzerfäden ausgekleidet, rote Sofas laden zum Chillen ein. Oder man steht doch wieder auf und geht in der leicht...

Im Perspektivwechsel

Zuletzt sahen wir uns vor sechs Jahren auf dem Markplatz von Altenburg in Thüringen. Bernhard Stengele war hier damals noch Schauspieldirektor der Städtischen Bühne im Verbund mit dem Theater in Gera. Er kam mit einer Baskenmütze und knallroten Schuhen, ein Künstler, der auffiel in dem kleinen Ort mit der riesigen Kirche. Und er kam, um seinen Abschied zu...