Missionierung impossible

Ingoh Brux über Anna Jablonskaja «Heiden»

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Die Ukraine «ist ein Land, das nicht mal eine Krise erlebt, sondern einen Untergang», sagte der Schriftsteller Jurij Andruchowytsch während der EURO 2012 in seiner Heimat. Nach dem Scheitern der orangenen Revolution haben sich viele Bürger enttäuscht von der Politik verabschiedet. «Heiden» spielt in Odessa und erzählt vom Leben in der inneren Emigration. Die im Süden der Ukraine am Schwarzen Meer gelegene Stadt ist auch der Geburtsort von Anna Maschutina (geb.

1981), die unter dem Künstlernamen Anna Jablonskaja mehr als ein Dut­zend Stücke schrieb, die vorwiegend in Russland und Weißrussland aufgeführt wurden.

Marinas Leben ist eine Baustelle. Tagsüber vermittelt sie Wohnungen in Plattenbauten als VIP-Immobilien, um ihre Familie zu ernähren und nachts näht sie Vorhänge für «reiche Ärsche», um ihrer 19-jährigen Tochter ein Tourismusmanagementstudium zu finanzieren. Ihren Mann Oleg, ein arbeitsloser Musiker, der im Bad heimlich klassische Musik hört, hält sie genauso für einen Versager wie ihren Nachbarn Bootsmann, der ihre Küche renovieren soll. Mitten in dieses Chaos aus Überlebenskampf und Familienschlacht platzt Olegs Mutter Natalja. Seit Jahren ist sie auf Pilgerreise und kehrt ...

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Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die neuen Stücke der Spielzeit, Seite 148
von Ingoh Brux

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