Memmingen: Spiel des Lebens
Nur was objektiv wahr ist, ist gut und wird in «Das große Heft» eingetragen. Gefühle gehören nicht dazu. Diese trainieren sich die namenlosen Zwillinge, die während des Zweiten Weltkriegs zur Großmutter in ein kleines ungarisches Dorf ausquartiert wurden, systematisch mit speziellen Übungen ab. Drei Tage nichts zu essen gehört noch zu den leichteren.
Bis aufs Skelett einer unerbittlichen Sachlichkeit ist die Sprache kondensiert, mit der Agota Kristof in ihrem berühmten Roman aus dem Jahr 1986 die Überlebensstrategie von zwei symbiotisch aufeinander bezogenen Brüdern beschreibt, die auf die kriegsbedingte Not und Gefühlskälte um sie herum mit stoischer Härte und Gelassenheit reagieren. Der Text ist auch heute noch eine Herausforderung für die Bühne, der sich Max Claessen (Regie, Bühne, Kostüme) im kleinen Studio des Landestheaters Schwaben mit einer ebenso schlichten wie spieltauglichen Setzung stellt.
Die Zwillinge sind bei ihm ein eingeschworenes, altersloses Clowns-Duo, dessen Kunst vor allem in einer Art amoralischem Zweckrationalismus besteht, mit dem sie einfordern, was sie brauchen. Jens Schnarre und Sandro Šutalo gehen dabei mehr wie Arbeiter als wie Artisten vor, ...
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Theater heute November 2019
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Silvia Stammen
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