Kütt et, wie et kütt?
Wilfried Schulz macht in der ersten Spielzeit seiner Düsseldorfer Intendanz deutlich, dass er die Diaspora-Situation des auf Ausweichspielstätten vertriebenen Schauspiels, die sich nun wohl über Jahre (mindestens bis 2020) hinziehen wird, nutzen will zur offensiven Verankerung in der Stadt. Alles will er – alle Stile, alle Publikumsschichten, alle Richtungen, alle Orte. Aber auch alles mit einer der Stadt angemessenen Noblesse und Unverbindlichkeit. So auch in den beiden jüngsten Projekten. Flüchtlingsintegration und Elitenkritik – zwei brisante Themen, elegant verpackt.
Die Bühne denkt nicht vor, der Zuschauer denkt nach – wenn er denn will.
Ein bewährtes Muster: Man nehme eine sozial und charakterlich genügend differenzierte Gruppe aus der theaterbesuchenden Mittelschicht, einen im Bewusstsein dieser Schicht mehr oder minder deutlich vorhandenen sozialen Konflikt, einen Eindringling, der den latenten Konflikt zur Entfaltung bringt, und eine Lösung, die zwar einen gewissen Schlusseffekt erreicht, aber das Problem letztlich ungelöst lässt. Die Dialoge erhalten Schärfe und Humor durch entlarvende Zuspitzungen, die aus dem Alltag wiedererkannte oder eigene Haltungen in eine belastbare ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: , Seite 19
von Gerhard Preußer
Personen
Anton
Karin
Ihre Tochter Martina (ca. 7 Jahre alt)
Oskar
Jessica, Oskars Freundin
Erster Teil
Eine Küche. Anton und seine Tochter Martina. Martina sitzt an einem Tisch, allein, vor ihr
ein voller Teller mit Fleischstücken und Kartoffelpüree. Sie hat den Kopf gesenkt, isst nicht.
Anton steht an der Spüle, Hände verschränkt.
Anton Wir können gern den ganzen Tag so...
Kurz bevor in Frankreich der König von Gottes Gnaden gestürzt, die Menschenrechte erklärt, der contrat social geschlossen und die Nation unter dem Banner der Vernunft optimistisch einer fortschrittlichen Zukunft entgegenstrebte, inszenierte ein gutaussehender junger Soldat aus altprovençalischem Adel, der Marquis Donatien Alphonse François de Sade, einige Aufsehen...
Ich habe die Szene noch vor Augen: Ein Kneipentisch im Freien, ein sonniger Berliner Vormittag, Carl Weber mit einer Gruppe von Studierenden, erzählend, erläuternd, mit dem jugendlichen Feuer, das er auch im hohen Alter noch ausstrahlte. Ich hatte ihn gebeten, bei Gelegenheit des Berliner Theatertreffens über Brecht und sein Theater zu sprechen. Ganze Seminare...