Könixin der Sprakenheit
So gut hat Richard lang nicht ausgesehen. Keine «bucklicht Giftkröte», kein rachedurstiger Veteran von den Schlacht -feldern der Rosenkriege, sondern eine energische Lady in den besten Jahren rauscht gleich zu Anfang den weißen Bühnenrahmen entlang von rechts nach links. Yvon Jansen trägt und rafft ein vielfach gefälteltes Hosenanzugskleid mit Schleppe in stechendem Blau, ihr platinblond gebleichtes Haar ist herausgewachsen, die Augen großzügig mit Lidstrich und Eyeshadow betont: Typ Kristen Stewart, lässig und kühl, nur reifer und mit mehr Erfahrung.
Was wird erst passieren, wenn sie den Mund aufmacht?
Im Auftrag des Schauspiel Köln hat Katja Brunner Shakespeares populäres Schurken -königsdrama «Richard III.» umgeschrieben zu «Richard Drei», mit den bedrohlich klingenden Untertiteln: «1 sprachausfluß aus der TASTA-TUR DES TERRORS / Mitteilungen der Ministerin der Hölle». Regisseurin Pinar Karabulut, die schon an der Berliner Volksbühne Brunner-Texte inszenierte, hat überdies einen weiblichen Richard bestellt – «Richard, SirMadam Richardis, R3, Könixin» sind nur einige Namen der Autorin für die androgyne und doch letztlich weibliche Unholdin. Die Besetzung männlicher Figuren des ...
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Theater heute 6 2022
Rubrik: , Seite 16
von Eva Behrendt
Auf den immersiven Effekt des Mediums zielt das Puppentheater Zwickau in seiner digitalen Bearbeitung von Goethes Ballade «Der Erlkönig» eher nicht ab. Aber die Idee, ein Zielpublikum ab 13 Jahren möglichst distanzlos in die fiktionale Welt eines literarisch eindrucksvollen Gruselstücks eintauchen zu lassen, in dem ein Vater ebenso verzwei -felt wie vergeblich um...
Will ein Theater heute Stücke zum Thema Krieg auf den Spielplan setzen, bieten sich zwei Dramen ganz besonders an. Einerseits die antike Tragödie «Die Troerinnen», in der Euripides nicht die siegreichen Helden des Trojanischen Kriegs, sondern die Frauen der Besiegten sprechen lässt. Andererseits, aus der jüngeren Vergangenheit, «Reich des Todes», in dem Rainald...
Weimarer Republik, speziell Berlin, interpretiert als Vorhölle der Nazi-Zeit: Seit er 2013 erstmals in ungekürzter Originalfassung erschienen ist, wird immer wieder der Erich-Kästner-Roman «Fabian oder Der Gang vor die Hunde» gespielt. Im Mittelpunkt: Jakob Fabian (Gábor Biedermann), Werbetexter für eine Zigarettenfirma, der sich Anfang der 1930er Jahre durchs...