Keine Haltung ist auch eine Hoffnung
Alles ganz normal. Sie brauche keine Sorge haben, beruhigt der Psychiater Doktor Prentice (Jörg Zirnstein) eine junge Bewerberin (Aleksandra Kienitz) für seine Sekretariatsstelle. Dass sie sich ausziehen müsse, diene allein der Prüfung ihrer Qualitäten, pardon, Qualifikationen. Und auch der Ausdruck Befummeln wäre für die Hand auf dem Schenkel eher missverständlich, zumal es sich ja um eine Untersuchung handelt! Was nach einem schlechten Altherrenwitz oder wahlweise einem schmierigen Mitternachtsfilm klingt, wird am Staatstheater Darmstadt zur provokativen Bühnenfarce.
Joe Ortons letztes Stück «Was der Butler sah» (1969) geizt obendrein nicht mit einschlägigen Slapsticks. Sobald zum Beispiel die Gattin (Gabriele Drechsel) des Arztes die Praxis betritt, muss die inzwischen halbnackte Stellenanwärterin rasch hinter den Vorhängen eines Schiebebetts versteckt werden. Dabei ist auch die Ehefrau nicht frei von Sünde. Nachdem sie die Nacht mit einem Pagen im Hotel verbracht hat, wird sie nun erpresst. Dass sich die Figuren zur Verteidigung ihrer Lügengeschichte überdies mehrfach verkleiden, sogar ihre sexuellen Präferenzen zu wechseln vortäuschen, ließ Joe Ortons Klassiker von 1969 zu ...
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Theater heute Januar 2025
Rubrik: Start Darmstadt, Seite 48
von Björn Hayer
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