(Hör-)Bücher für den Weihnachtstisch

Die Anthologie «Chaos + Konzept» blickt auf eine Hildesheimer Tagung zur Ästhetik der Probe zurück

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Auch wenn der Betrieb gerne lacht über Andrea Breths Ansicht, die Probe sei heilig wie die Kirche, so trifft Breths Zustandsbeschreibung dennoch auf fast alle zu. Konklave würde es noch besser treffen, weil der Zutritt stets streng beschränkt bleibt und am Ende selige Gesichter erscheinen: Habemus Premiere. Wie sehr die Probe (oder dieser Band bereits im Untertitel) in den Betriebston wechselt, wie sehr das Probieren mit der Erfindung des Regisseurs, später des Regietheaters zusammenhängt, schildert Mitherausgeber Jens Roselt gleich zu Beginn sehr anschaulich.

Roselt beginnt mit Max Reinhardts Gastspielreise nach Russland anno 1911, wie sie Kortner aufzeichnet. Reinhardts Krisenmomente werden hier bereits als kreative Impulsgeber gesehen. Roselt beschreibt immer konkret, geht dann über in die Ästhetik des späten Jürgen Gosch, der auf der Bühne oft eine Probenatmosphäre inszenierte, bis zu den bewussten Störungen, die Christoph Schlingensief in seine Theatermaschinen einbaute.


Voll finanzierte Krisenherde


Doch es gibt auch einige Autoren in diesem Band, welche die Krise zum Kult erheben, zur Voraussetzung, überhaupt Theater machen zu können. Theoretisch kann man das noch ver­stehen: ...

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Theater heute Dezember 2011
Rubrik: MAGAZIN, Seite 62
von Tobi Müller

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