Höhenflug mit King Kong Theorie

Im Staatstheater Stuttgart werden Brecht/Weills «Die sieben Todsünden» mit Peaches’ «Seven Heavenly Sins» zum feministischen Statement

Imposant, wie Peaches vom Himmel fährt: eine androgyne Dea ex machina, thronend in einer Pentagonwabe, mit Hochfrisur und auch sonst haarigem Outfit, mit gleich sechs Brüsten bestückt. Zu heftigen Elektrobeats skandiert sie mit tiefgepitchter Stimme, die an Gangsta-Gerappe erinnert, ihre derb-pikanten und obszönen Wortspielereien. Grell­rotes Blitz-Licht blendet das Publikum.

Theatraler geht’s nicht in dieser Produktion im Schauspielhaus Stuttgart, wo Bertolt Brechts und Kurt Weills «Die sieben Todsünden» jetzt von allen drei Sparten des Stuttgarter Staatstheaters (Oper, Ballett, Schauspiel) gemeinsam auf die Bühne gestemmt wurde – als erste Kooperation seit über 20 Jahren.

Die Show der feministischen Elektropop-Ikone und kanadischen Wahlberlinerin Peaches, die berühmt ist für ihren Kampf um weibliche sexuelle Freiheit, ist ein krasser Cut nach der grau-tristen Hölle familiärer Ausbeutung, die Anna in Brechts und Weills kurzer, böser Ballettsatire mit Gesang erleben muss. Es reicht Annas Familie nicht, dass sich ihre Tochter für sie in allerlei legalen und illegalen Jobs demütigt, prostituiert, mager hungert, um das Geld für «ein kleines Haus am Mississippi» anzuschaffen. Nein, ...

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Theater heute März 2019
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Verena Großkreutz

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