Gewalt und Erfahrung
Sie warnte vor Putin – und musste ins Gefängnis», titelte Ende April die Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel». Gemeint war die US-amerikanische Whistleblowerin Reality Winner, die im Mai 2017 einen fünfseitigen Geheimbericht der NSA über die Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf 2016 leakte – während sich Donald Trump, damals Präsident der Vereinigten Staaten, noch größte Mühe gab, diese Tatsache mit dem ihm eigenen Charme zu verschleiern: «Es ist sehr schwer zu sagen, wer gehackt hat.
Könnte Russland sein, könnte China sein, könnten viele andere Gruppen sein.»
Am 65. Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine ist die Wahl dieser Überschrift journalistisch natürlich fragwürdig. Sie überblendet absichtsvoll die geopolitischen Zusammenhänge und zielt auf die reflexhafte Empörung der Leser:innen. Die Absurdität von Reality Winners Geschichte bringt der Titel dagegen ziemlich gut auf den Punkt. Allein in Trumps erstem Amtsjahr stieg die Zahl der Ermittlungen wegen geleakter Geheimdienstinformationen von 37 auf 120 an, und die damals 25-Jährige wurde zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt, dem höchsten Strafmaß für eine zivile Whistleblowerin in der ...
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Theater heute 6 2022
Rubrik: Festivals, Seite 46
von Anja Quickert
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