Fortschritt mit Puppen
Es ist der letzte Streich der Eröffnungsrunde der Schauspiel-Interimsspielstätte auf dem Agra-Messegelände in Leipzig. Dabei verbindet sich Heiner Müllers Landwirtschaftsreformkomödie, die von der Zeit der Landumverteilung 1945 bis zur Kollektivierung 1960 erzählt, ganz organisch mit dem Gelände, auf dem einst Landwirtschaftsmaschinen und Produktionstechniken präsentiert wurden.
Von diesen Gerätschaften finden sich auch gleich mehrere, etwa ein Traktor (der später mit viel Verve bespielt wird) und ein Förderband, neben der sogenannten Kulturbühne, die den Charme eines ländlichen Kulturhauses mit rotem Vorhang ausstrahlt.
Moritz Sostmann, Spezialist für die Kombination von Sprech- und Puppentheater, hat sich diesem Müllerschen Zeitstück angenommen, das nach seiner Premiere 1961 an der Hochschule Karlshorst direkt verboten wurde und erst 1975 unter dem Titel «Die Bauern» in der Volksbühne eine zweite Chance bekam, da aber schon historisch war. Das ist es freilich heute noch viel mehr.
Sostmann setzt auf einen flotten Abend mit klaren Strichen und weitgehend Müller pur plus kleine hinzugefügte Frotzeleien. Speziell für diese hat Hagen Tilp 13 etwa ein Meter hohe und sehr ...
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Theater heute August-September 2025
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Torben Ibs
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