Erinnerungen an die Revolution

Im Deutschen Theater antworten Kuttner/Kühnel und Stefan Pucher auf die neuen Unwägbarkeiten mit Brecht, Peter Weiss und trotzigem Spaßtheater: «Fatzer» und «Marat/Sade»

Theater heute - Logo

Nicht wirklich lustig, vier Tage nach der Schockstarre, in die die US-Wahlen geführt hatten, lustig sein zu wollen. Mit einem Stück, in dem es um einen Egoisten geht, der der Frau seines Freundes in den Schritt greift und alle Prinzipien lustvoll über Bord wirft, wenn es ihm nützt. Der Egoist heißt Johann Fatzer, ersonnen hat ihn Bertolt Brecht vor knapp 90 Jahren auf rund 400 nie vollendeten Seiten voller Notizen und Diskursfetzen.

Ein halbes Jahrhundert später kompilierte Heiner Müller daraus eine Bühnenfassung, die Manfred Karge und Matthias Langhoff 1978 am Hamburger Schauspielhaus zur Uraufführung brachten. Mit mäßigem Erfolg. Den Regisseuren, meinte Heiner Müller seinerzeit, sei zu viel eingefallen, die Inszenierung sei nicht einfach gewesen.

Auch Jürgen Kuttner und Tom Kühnel haben in den Kammerspielen des Deutschen Theaters eine ganze Menge Ideen, die die Geschichte nicht einfacher machen. Kurz zusammengefasst, ginge sie so: Vier Deserteure, die sich im Jahr 1917 aus dem Kriegsstaub gemacht haben, warten in einer Mülheimer Wohnung und in der Hoffnung auf die kommende Revolution auf das Ende des Krieges und zerlegen dabei im Privaten das Politische nach ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2017
Rubrik: Aufführungen, Seite 14
von Barbara Burckhardt

Weitere Beiträge
Düstere Ekstasen

Nach drei Stunden endlich sprengt der Schmerz den Panzer. Hauke Haien, der nordfriesische Deichgraf, hat Recht behalten, aber es nützt ihm herzlich wenig. Sein neuer Deich würde halten, hätten ihn nicht seine Gegner durchbrochen. Die Sturmflut reißt Haukes Frau Elke und das gemeinsame Kind vor seinen Augen in den Tod. Johan Simons, der Theodor Storms...

Debatte: Schlingensief verzweifelt gesucht

So viel wurde in München schon lange nicht mehr über Theater gestritten – zumindest in dieser Hinsicht dürfte sich Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal am Ziel seiner Wünsche fühlen. Sonst liegen die Standpunkte derzeit weit auseinander – schon in der Frage, worum es in der Debatte überhaupt geht.

Zur Erinnerung eine kurze Chronologie der aufgetretenen...

Regensburg: Triumph der Poesie

Werner Fritsch ist der Theatermann fürs grob Verworrene, für die verschmitzte Provokation, die hirnschwurbelnde Sprachakrobatik und überhaupt für Abende, an denen man am Ende nicht mehr so recht weiß, ob man jetzt gut unterhalten oder doch auf hohem Niveau verarscht wurde. Es kann auch durchaus beides zutreffen, und am Ende von «Shakespeares Schädel in Fausts...