Eine Möwe überm Tiefen See
So ein Tag in Potsdam kann schon etwas Behagliches haben. Nach einem ausgiebigen Spaziergang im Park von Sanssouci betritt man das spätbarocke Schlosstheater im Neuen Palais. Die kleine Hofbühne Friedrichs des Großen wird vom Hans Otto Theater (HOT) traditionell für die delektablen Theatererlebnisse von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten angemietet. Und Bühnenbilderin Magda Willi lässt sich an diesem Abend auch nicht lumpen.
Mit einem riesigen Kristalllüster zitiert sie die Opulenz des Saales; zwei gebürstete Edelstahl-Geräte deuten designbewusst das Küchen-Setting für August Strindbergs «Fräulein Julie» an. Regisseur Ingo Berk lässt Caroline Hanke als adlige Schickse Julie mit Girlappeal über den polierten schwarzen Parkettboden schweben; René Schwittay kontert mit einem soliden, gedankentrunkenen Bediensteten Jean.
Nach diesem Entree aber endet die Behaglichkeit, und auf die Verführung der höheren Tochter folgt ein berückender Einblick in die Ressentiment-Hölle des Strindbergschen Naturalismus. Schwittays Jean vibriert an Leib und Seele, wenn er sein männliches Überlegenheitspathos und einen darwinistischen Vitalismus auf dem vermeintlich lebensuntüchtigen ...
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