Ein postkolonialer Kampf

Was darf die Kunst? Wagner Carvalho

Was darf die Kunst? Alles! Weil sie ein Privileg ist. 

Freiheit braucht Kunst. In der deutschen Gesellschaft kommt Kunst unter anderem die Aufgabe zu, kritisch zu sein. Und Gesellschaftskritik soll in einem demokratischen Gemeinwesen gefahrlos möglich sein: Nach Artikel 5 des Grundgesetzes – «Eine Zensur findet nicht statt» – ist staatliche Vorzensur untersagt.

 

Kunst braucht Freiheit. Dieser produktive und notwendige Freiraum der Kunst findet auf der Ebene des Rechts, in den Menschenrechten und den davon abgeleiteten Per­sön­lichkeitsrechten seine Begrenzungen.

Das Strafgesetzbuch sieht Sanktionen ins­beso­n­dere in Fällen vor, bei denen Gruppen oder Einzelne «böswillig verächtlich gemacht werden», «Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen beschimpft» werden.

 

In Deutschland gibt es eine erprobte juristische Praxis, Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte gegeneinander abzuwägen; die rechtliche Begrenzung der Freiheit der Kunst ist trotz regelmäßiger medialer Aufreger relativ stabil. Und auch die Notwendigkeit der rechtlichen Sanktionierung ist unstrittig. Beschimpfungen von Weltanschauungsgemeinschaften, Diffamierungen, Angriffe auf die Menschenwürde finden ...

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Theater heute Jahrbuch 2016
Rubrik: Grenzen der Kunstfreiheit, Seite 54
von Wagner Carvalho

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