Dr. Stockmanns Erben

Ibsen «Der Volksfeind» (Neues Schauspielhaus)

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Was wäre, wenn sich der als «Volksfeind» geächtete Dr. Stockmann durchgesetzt hätte? Wie sähe ein Staat aus, in dem Platons Ideal der menschlichen Auslese konsequent umgesetzt würde? Robert Schusters Bremer Inszenierung, die sich im Untertitel «Ein Ritus der Erinnerung» nennt, zeigt Ibsens Anti-Demo­kratie-Farce als Blick zurück aus einer fernen Zukunft.

Während ein «Chor der Wächter» auf einem weißen Treppenhalbrund (Bühne und Kostüm: Sascha Gross) zu den «Stockmannfestspielen 2072» noch einmal die Geschichte des aufrechten Badearztes erzählt, fläzen sich dessen greise Kinder (Gabriele Möller-Lukasz, Siegfried W. Maschek, Gerhard Palder) in drei Show-Sesseln und gucken interessiert zu.

Dazu gibt es Platon-Zitate im Stockmann-Chor, mal gesungen, mal gesprochen: Ibsen als Science-Fiction-Aufstellung.

Ziemlich viel Überbau für einen Text, dessen Aktualität sich in Zeiten von Stuttgart 21, Atomausstieg und immer lauter werdenden Forderungen nach mehr direkter, ungefilterter Demokratie geradezu aufdrängt. Stockmann (Glenn Goltz), zunächst nur in weißer Unter­hose, später mit Hemd und Arztkittel, ist die einzig mitfühlenswerte Figur in diesem Irrenhaus, an seiner Seite nur eine Ehefrau ...

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Theater heute Oktober 2011
Rubrik: Theater Bremen, Seite 50
von Alexander Kohlmann

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