Der lange Marsch durch die Fettnäpfe

Für und wider Identität und Gewalt: Yael Ronens Erfolgsstück feiert als «Next Generation» am Berliner Gorki Theater 10. Geburtstag, Sebastian Nübling inszeniert die Zürcher Uraufführung von Necati Öziris gegen Kleist verfasste «Die Verlobung in St. Domingo» (der Stückabdruck liegt diesem Heft bei)

Theater heute - Logo

Die Tür im Eisernen Vorhang knallt, Niels Bormann kommt auf die Gorki-Bühne und sagt zur Begrüßung: «Entschuldigung». Haha, er ist wieder da: Vor zehn Jahren erfand sich der 45-jährige Schauspieler in der ersten israelisch-deutschen Koproduktion der Theatermacherin Yael Ronen als ultradeutscher, beflissen-klemmiger Wiedergutmachungsstreber, der zwar unter seinem Nachnamen leidet, aber noch in der kriecherischsten Demutsgeste unangenehm dominant auftritt.

Seither marschiert Bormann immer wieder bei Bedarf in Bühnenfettnäpfe, zuletzt in Yael Ronens «Winterreise», wo er eine Gruppe Geflüchteter quer durch Deutschland lotste. «Ich möchte mich ganz kurz vorab entschuldigen, dass hier heute ein Stück mit Israelis, Palästinensern und Deutschen stattfindet, das wir schon vor zehn Jahren gemacht haben.»

Tatsächlich war Yael Ronens auf die Screwball-Komik leibhaftiger Stereotypen gebautes Workshoptheater «Dritte Generation», 2009 koproduziert vom Habima Theater Tel Aviv und der Schaubühne am Lehniner Platz, eine der größten Erfolgsgeschichten im deutschen Theater der letzten Zeit. 2013 zog Ronen nach Berlin und machte als Hausregisseurin am Gorki Theater Schule: die offen thematisierte ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Mai 2019
Rubrik: Neue Stücke, Seite 28
von Eva Behrendt

Weitere Beiträge
Nachruf: Theater von Anfang an

Wer das Glück hatte mit Geesche Wartemann zu arbeiten, der konnte ihre Begeisterungsfähigkeit erleben, ihre Leidenschaft für das Theater, für dessen Zuschauer, insbesondere wenn diese Zuschauer Kinder waren. Zu erleben war aber auch die Ernsthaftigkeit, mit der sie ihre Überzeugungen vertrat. Sie redete nichts schön. Ohne Angst sich angreifbar zu machen, nahm sie...

Freie Szene: Fliegender Wechsel

Über zwei Etagen geht das neue Banner an der Halle der Leipziger Spinnerei: «Wir sind da!» Nach jahrelanger Suche nach geeigneten neuen Räumen und einer halben Spielzeit in verschiedenen Interims hat das Leipziger Freie-Szene-Zentrum Lofft nun endlich einen neuen Ort gefunden und befindet sich in illustrer Gesellschaft: Auf der Spinnerei gibt es nicht nur große...

Baden-Baden: Trennung à la Reza

Da haben sich Theater und Autorin gefunden: Zum dritten Mal seit 2016 kommt in Baden-Baden ein Stück der Australierin Joanna Murray-Smith auf die Bühne, und nach dem Nachspielen von «Zorn» und der deutschen Erstaufführung von «Switzerland» ist es diesmal sogar eine deutschsprachige Erstaufführung. Dabei hätte «Nur drei Worte» (uraufgeführt 2017 in Melbour­ne)...