
Anne-Maaike Bakker, Mirjam Rast, Verena Reichhardt, Johannes Kühn, Robin Sondermann, Bastian Hagen und Siegfried W. Maschek; Foto: Jörg Landsbek/Theater Bremen
Bremen: Eine schrecklich nette Familie
Sophokles’ thebanische Tragödien als dysfunktionale Familiengeschichte zu lesen, ist ein naheliegender Zugriff: Da wird ein Säugling in der Wüste ausgesetzt, weil ihm vorhergesagt wurde, später seinen Vater zu töten. Nach seiner Rettung wächst er bei Pflegeeltern auf.
Als die Weissagung wiederholt wird, entschließt er sich, die Pflegeeltern zu ihrem eigenen Schutz zu verlassen, gerät unterwegs in Streit mit einem Verkehrsrowdy, erschlägt diesen, ohne zu wissen, dass er seinen leiblichen Vater vor sich hat, heiratet dessen Witwe und zeugt mit ihr vier Kinder, die sich später übers Erbe zerstreiten. Und als die Tochter versucht, diese Familienaufstellung des Horrors wieder ins Lot zu bringen, macht sie alles nur noch schlimmer. Die Lesart bietet sich an. Wenn Felix Rothenhäusler den Stoff (der weitgehend auf den Tragödien «Ödipus» und «Antigone» beruht) allerdings am Theater Bremen zur Familien-Sticom übersteigert, dann beweist das einiges an Chuzpe.
Ödipus (Johannes Kühn), Tochter Antigone (Mirjam Rast), Onkel Kreon (Robin Sondermann) und die übrige Bagage sitzen in einem von Bühnenbildnerin Katharina Pia Schütz in gedeckten Farben gehaltenen Hotelzimmer, eine sehr amerikanische ...
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Theater heute Februar 2018
Rubrik: Chronik, Seite 49
von Falk Schreiber
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