Zwischen Küchenschrank und Weltgeschichte
Der Mauerfall war der mediale Dauerfall letztes Jahr. Dass sich aus der Masse der immergleichen «Wahnsinn!»-Konserven und Mauermelodramen noch einmal etwas Neues, gar Überraschendes herausholen lässt, war eigentlich nicht zu erwarten. Der 1970 in Magdeburg geborene Thilo Reffert aber hatte den wunderbaren Einfall, ein wohl legendäres Ereignis seiner Familiengeschichte noch einmal durchzuspielen. Seine Mutter war zusammen mit der Schwester am 9.
November ‘89 gleich nach der Schabowski-Pressekonferenz in ihrem «tschitscheringrünen» Wartburg von Magdeburg zur Grenzübergangsstelle Marienborn aufgebrochen, um diese dann tatsächlich bis ins nächste stockfinstere Dorf zu durchfahren und – praktisch ohne etwas vom Westen gesehen zu haben oder von dort mitzubringen – sofort wieder nach Hause zurückzukehren. Mauerfalleuphorie einmal anders.
Nun mietet Alex (der herrlich aufgedrehte Matthias Matschke alias Reffert) einen knatternden Wartburg, um mit der echten Mutter und Schwester die Fahrt fast zwanzig Jahre später zu wiederholen und die Erinnerungen im vierten Gang und schwerem Magdeburger Dialekt hervorzuholen. Das mehrschichtig Verspielte setzt schon mit einigen Bemerkungen über das ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Für einen war die bisherige Spielzeit schon mal ergiebig: Bertolt Brecht. Sein Lehrstück in Sachen Spekulation und Menschenliebe, die «Heilige Johanna der Schlachthöfe», avancierte zum Krisengewinnler der schon nicht mehr ganz frischen Saison – und steht diesen Monat wieder in der Regie von Frank Abt auf dem Spielplan des Jungen Theaters in Göttingen. Das Hamburger...
Noch küssen die Gatten sich, schon hat er das Kleenex in der Hinterhand, um sich die ekligen Blutspuren vom Mund abzuwischen. Bald wird sie ihm das Blut aufs makellos weiße Hemd spucken. Alkestis muss sterben, sie tut es nicht gern. Apoll hat für Admet erwirkt, dass er einen Stellvertreter zu den Toten schicken kann. Niemand hat sich dafür bereit gefunden, der...
Es geschieht nicht allzu oft im Leben eines halbwegs gebildeten Mittelstandsdeutschen, dass sich seine atavistischen Jagdinstinkte unkontrolliert Bahn brechen. Das Ende des vierten Schuljahrs der Kinder ist so ein Datum. Wenn die Entscheidung für oder gegen die höhere Schullaufbahn ansteht und der Notendurchschnitt nicht stimmt, werfen sich Väter und Mütter...