Zuschauer: Elke Heidenreich
Kurz nach Aufführungsbeginn flüstert mir Elke Heidenreich ins Ohr: «Ist genau wie beim Lesen. Nach zehn Minuten weiß man, ob ein Buch fesselt oder nicht.» Sie ist gefesselt. Schaut gebannt. Hört mit freudiger Aufmerksamkeit der Musik zu, die das Spiel begleitet, kontrapunktiert, steigert. Sie möchte ganz augenscheinlich am liebsten mit auf die Bühne.
Als wir uns eine halbe Stunde vorher im Foyer treffen, gestehen wir uns ziemlich rasch gegenseitig, dass wir uns gut vorbereitet haben. Elke Heidenreich schmökerte in einem Band mit Deutschen Sagen.
Ich las brav während der vierstündigen Zugfahrt von Berlin nach Köln mein Reclam-Bändchen durch. So fühlen wir uns bildungsbürgerlich fit für die Inszenierung von Karin Beier. Der eilt der Ruf voraus, ebenso unterhaltsam wie stoffraffend zu sein.
Und Elke Heidenreich gesteht außerdem, seit vielen Jahren ein Schauspielmuffel zu sein. Dass sie die Oper liebt, ist allseits bekannt. In der Kölner Kinderoper, im selben Theaterkomplex wie das Schauspiel beheimatet, wird auch ihre Sendung «Lesen!» aufgezeichnet. Für die Kinderoper bearbeitet sie Libretti, kondensiert abendfüllende Opern auf kindgemäße Länge.
«Ich hab ja auch mal ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Wenn Schorsch Kamerun Recht hat, dann schützt Wohlstand vor Angst nicht. Er hat die These, dass «wie kein anderes Gefühl die Angst unser Leben begleitet» und das «trotz immer größerer Freiheit, gesteigerten Möglichkeiten und immer mehr tollen Angeboten». Zum Beispiel dem tollen Angebot eines therapeutischen Theaterabends. Ganz tief runter zieht uns Schorsch Kamerun...
So hat man die Nibelungen noch nicht gesehen: Edel zwar und zart die Züge Giselhers, doch von ziemlich exotischem Adel. Omar el-Saeidi ist von ägyptischer Abstammung, 1980 in Gießen geboren. Bruder Gerenots dunkles Antlitz umrahmen schwarze Rasta-Locken. Patrick Gusset kam 1979 in Basel zur Welt, sieht aber eher nach Nordafrika aus. Und dann stürmt Siegfried auf...
Wer Shakespeares «Sturm» als postkoloniales Märchen liest, hat leichtes Spiel. Ein paar Namensverschiebungen und kleine Zuspitzungen reichen, um aus dem entthronten Gelehrten Prospero Libero zu machen, einen selbstbewussten Staatsgründer und Kolonisator im Dienste des Humanismus. Der störrische «Erdkloß» Caliban wird mit einem anagrammatischen Dreher zum Indianer...