Zumutung Liebe

Säulen zu Fertighäusern: Stephan Kimmigs Tom-Lanoye-Inszenierung «Mamma Medea» mit Sandra Hüller und Steven Scharf an den Münchner Kammerspielen

Theater heute - Logo

Mutterliebe ist ein Konstrukt», konstatierte im «Spiegel» schnöde Elisabeth Bronfen, Expertin für Gender-Fragen – ein Kommentar von vielen, in der Regel erheblich rührseligeren zum Thema Kindsmord, das nicht nur die Vermischten Seiten zur Adventszeit füllte.

Acht tote Kinder in Darry und Plauen, von den eigenen Müttern getötet, im Wahn, aus sozialer Verwahrlosung, im Beziehungsdesaster, wer weiß das schon? Und zum Nikolaustag kam passend Maria Speths zuerst im letzten Februar bei der Berlinale gezeigter Film «Madonnen» ins Kino, die spröde Studie einer Gefühlskälte, die sich von der Mutter auf die Tochter fortzeugt, ein unheilvoller, kaum zu durchbrechender Kreislauf. Sandra Hüller spielt eine Mutter von fünf Kindern, zu denen sie keine Bindung zustande bringt, so sehr sie das möchte, und die sie am Ende verlässt, begründungslos, verzweiflungsfrei, unerklärt. Zwei Tage später die Premiere von Tom Lanoyes «Mamma Medea» in den Münchner Kammerspielen, die Aktualisierung des Prototyps aller Kindsmordgeschichten. Die Kindsmörderin: Sandra Hüller. Koinzidenzen.

Man dachte sie mit, doch Stephan Kimmigs Inszenierung spielte nicht mit ihnen. Das Thema des Tages schien ihn nicht einmal ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Februar 2008
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Barbara Burckhardt

Vergriffen
Weitere Beiträge
Zwei-Klassen-Schiffbruch

Dass die «Titanic» vor ein paar Jahrzehnten gesunken ist, war ein Glücksfall für Technik- und Beschleunigungskritiker und ist es bis heute für die Unterhaltungsindustrie. Dass im Dezember 1996 ein namenloser klappriger Flüchtlingskutter mit 300 Frauen, Männern und Kindern vor der sizilianischen Küste unterging, kann man nur noch in entlegenen Annalen nachlesen. Die...

Verändern durch Passionswissen

IDie eigentlich erfreuliche Nachricht, dass Kulturstaatsminis­ter Neumann für diverse Kulturvorhaben 400 Millionen Euro mehr aufgetan hat, erzeugte in zwei maßgeblichen Zeitungen geradezu schockhafte Wirkung. In der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» und in der «Süddeutschen Zeitung» zeigten sich Nils Minkmar und Thomas Steinfeld äußerst besorgt, dass es zu...

Das Denken ist immer zu spät

Wenn sich Ewald Palmetshofer nach seiner ersten, sehr erfolgreichen Wiener Uraufführung verbeugt, sieht das etwas ungewöhnlich aus. Der Oberkörper winkelt rechteckig in der Hüfte ab, die Arme schwingen nach hinten, und der Kopf bleibt hart in den Nacken geworfen, die Augen weit offen. Als Empfangshaltung eher für Peitschen­hiebe als Applauswellen geeignet, und als...