Zu viel Herz
Die Aufführung ist erst wenige Minuten alt, als auf der Bühne jemand ein paar grundsätzliche Fragen stellt, die man im Zuschauerraum zu diesem Zeitpunkt ganz gut nachvollziehen kann: «Was ist das für ein Ort? Wo sind wir hier? Was hat das alles zu bedeuten?»
Nun, wir sind im Wiener Volkstheater, wo die Regisseurin Anna-Sophie Mahler das wenig gespielte Tennessee-Williams-Drama «Camino Real» (1953) ausgegraben hat; wobei «wenig gespielt» in diesem Fall fast noch untertrieben ist: Auf Deutsch gab es in den vergangenen 50 Jahren – so weit reichen die Aufzeichnungen des
Verlags zurück – nur drei Inszenierungen. Ort der Handlung ist das fiktive Städtchen Camino Real, gelegen am Rande einer Wüste irgendwo in Lateinamerika und jedenfalls am Ende der Welt; aus unerfindlichen Gründen hat es diverse illustre Figuren aus der (Literatur-)Geschichte hierher verschlagen, darunter Don Quijote, Lord Byron und die Kameliendame. Was das alles zu bedeuten hat, wird man ja hoffentlich noch sehen.
Fest steht, dass «Camino Real» ein außergewöhnlicher Theaterabend ist. Das liegt zu guten Teilen daran, dass Mahler die US-amerikanische Rockband Calexico davon überzeugen konnte, nicht nur Musik und Songs ...
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Theater heute Januar 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Wolfgang Kralicek
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