Willkommen im grossen Knast
Thomas Raufeisen, Jahrgang 1962, wirkt immer noch wie ein großer Junge. Man sieht ihm nicht an, dass die deutsch-deutsche Geschichte willkürlich und brutal in seiner Biografie gewütet hat. Mit Nutella und Lego ist er bei Hannover aufgewachsen, bis die Familie 1978 zurück in die DDR ziehen muss, weil sein Vater, ein «Kundschafter des Friedens», im Westen enttarnt zu werden droht. Thomas Raufeisen und sein älterer Bruder haben bis dahin keine Ahnung von der politischen Funktion ihres Vaters.
Die halbwüchsigen Söhne wollen nicht in dem fremden Land bleiben, und schließlich versucht die Familie, wieder auszureisen. Doch sie haben die Rechnung ohne die DDR gemacht. Thomas und seine Eltern werden von der Stasi in Untersuchungshaft genommen und wegen versuchter Republikflucht verurteilt: der zwischen die Fronten geratene Vater lebenslänglich, der 17-jährige Thomas zu drei, seine Mutter zu sieben Jahren. Der Vater stirbt im Gefängnis; Frau und Sohn sitzen und arbeiten die Sippenhaftstrafe vollständig ab.
«Die DDR hat mir wichtige Jahre meiner Jugend geraubt», fasst Thomas Raufeisen auf der Bühne des Potsdamer Hans-Otto-Theaters lakonisch zusammen. Jetzt ist er einer von 15 Zeitzeugen in ...
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Zunächst die gute Nachricht: Es werden keine Schuhe geworfen. Die politische Dimension von Albert Camus «Der Fremde» ist historisch, und Sebastian Baumgarten, der den Roman jetzt in Frankfurt zu einem Bühnenstück gemacht hat, verlässt sich auf die Assoziationskraft der Zuschauer, statt Camus’ Algerienparabel künstlich mit Irakverweisen aufzuladen. Gleich zu Beginn...
Sind wir nicht alle Meister in Sachen Fremd- und Selbsttäuschung? Entwickeln wir nicht die seltsamsten Strategien, um einen kleinen Vorteil zu erlangen, den anderen fertig zu machen oder ein wenig Liebe zu erhaschen? LaButes Figuren scheinen die fiktionalen Alter Egos des ganz normalen Zeitgenossen. Nett und redlich auf den ersten Blick, doch Vorsicht, wenn seine...
Franz Wille Wenn man sich das Personenverzeichnis durchliest, besteht die «Kritische Masse» aus alten Bekannten aus den Stücken der 90er Jahre – zumindest den Namen nach: ob nun Gretschke aus «Londn-LÄ-Lübbenau» oder Lothi Ackermann aus «Bis Denver». Und wenn man dann weiterliest, fragt man sich, was seit der Wende oder den unmittelbaren Nachwende-Jahren eigentlich...
