Wege der Wut

Die Ruhrfestspiele Recklinghausen kreisen um Rage und Respekt mit Inszenierungen von Simon McBurney, Lhakpa Tsering und Peter Brook

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Rage und Respekt – ganz deutsch geschrieben, das ist das Motto der diesjährigen Ruhrfestspiele Recklinghausen, wo man doch «rage and respect» als Rapper-Slogan besser kennt. Dort heißt es: Wut auf diejenigen, die einen nicht achten, oder: wütend Achtung einfordern. Der entflammte Zorn aber achtet gerade nicht das Gegenüber. Wut und Achtung hängen auf unterschiedliche Weise zusammen und streiten oft gegeneinander. Tatsächlich falten die drei ersten Gastspiele im Festspielhaus von Recklinghausen die Bandbreite der Konstellationen zwischen Respekt und Rage auf.

Den Anfang macht Anne Weber. In ihrer eindringlich und schnörkellos formulierten Rede führt sie uns das Zickzack der Gedanken vor, das mit viel geringerer Klarheit die Gehirne von vielen durchzuckt. Einerseits die Empörung über die Verhältnisse, in denen wir leben, an denen wir aber nicht schuld sind, die Empörung über die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Andererseits die Verantwortung des Einzelnen als Teil eben dieser Verhältnisse. Gegen die Empörung nach außen (in deutlichem Bezug zu Stéphane Hessels Essay «Empört euch!», auf den sich viele Protestaktionen in Frankreich seit 2010 berufen) stellt sie die Empörung nach ...

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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Festivals, Seite 25
von Gerhard Preußer

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