Warme Erregungswellen

Mit einem Manifest, flexibleren Strukturen und aktivistischen Projekten probiert Milo Rau die Erneuerung des Stadt­theaters am NT Gent

Theater heute - Logo

Das fing doch gut an. Erst gab es Proteste, weil Milo Rau dem zwölfköpfigen Ensemble des traditionsreichsten Theaters des flämischen Belgiens kündigte – das letzte seiner Art, durchbezahlt trotz dreijähriger Schließung wegen Renovierung. Rau will, um das siebte Gebot seines Genter Theatermanifests zu erfüllen («mindestens zwei der Darsteller auf der Bühne dürfen nicht professionell sein»), lieber jedes Mal neu casten. Dann servierte er belgischen Boulevard-Blättern einen noch viel saftigeren Skandal: Per Zeitungsannonce suchte er ehemalige IS-Kämpfer.

Nach der Premiere von «Lamm Gottes» konnten sich «Het Nieuws­blad» und «Het Laatste Nieuws» weiter freuen: Das nackte Elternpaar «Adam und Eva» versank auf der Bühne in inniger sexueller Umarmung, während die eigenen Kinder zusahen. Auch die Mutter eines kurz vorher gestorbenen IS-Kämpfers, Fatima Ezzarhouni, stieg danach aus, der Druck ihrer muslimischen Familie wurde zu groß. Und dann hat er auch noch eine Installation des belgischen Biennale-Künstlers Honoré d’O aus dem Theaterfoyer geworfen, um einen Schäfer Skulpturen aus Schafskot ausstellen zu lassen. 

«Der kontroverseste Regisseur der Welt?», fragte die «New York Times», ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Februar 2019
Rubrik: International, Seite 24
von Dorothea Marcus

Weitere Beiträge
Neue Stücke · Aufführungen (2/2019)

Aufführungen 

«Is einer zäh, muß er gebeitzt werd’n; wennst ein’n Aufgeblasenen erwischst, die sind nur zu vertragen, wenn s’ in a rechte Soß kommen; und Spicken, ordentlich Spicken is bey alle Naturen gut, weil es Alle feiner und milder macht.» Dieser schöne Menschen-Rezeptvorschlag steht in Johann Nepomuk Nestroys «Häuptling Abendwind», eine Komödie aus der...

Vorschau - Impressum (2/2019)

Linda Pöppel war im Ensemble des Schauspiels Leipzig, des Frankfurter Schauspiels und ist jetzt am Deutschen Theater Berlin engagiert. Dort hat sie jüngst in Sebastian Hartmanns Inszenierung von «In Stanniolpapier» eine der herausragendsten schau­spielerischen Leistungen der Spielzeit geboten. Ein Porträt

Brauchen Sie eine Theatervorstellung? Müssen Sie eine...

Indianer spielen geht nicht mehr

Zu Jahresbeginn fanden in Lenapehoking mal wieder zahlreiche Theaterfestivals statt. Auch «Under the Radar», dessen Symposium diesmal eröffnet wurde mit einer Runde von 70 schweigend im Kreis stehenden Kuratoren aus der ganzen Welt, die bei geschlossenen Augen einer Vertreterin der Lenape, der Urbevölkerung von New York City, andächtig lauschten. Sie erinnerten an...