Von Palast zu Palast
Das kleine rote Büchlein, das der ehemalige Palastkoch Hans-Jürgen Schreiber gegen Ende der Performance im Publikum verteilt, ist so ziemlich das Gegenteil einer Mao-Bibel. Zusammengesetzt aus Schlüsselwörtern und Fragmenten, beschreibt es unter anderem den Blick von Ost und West aufeinander: «Sowohl die Chinoiserie als auch ihr Gegenstück, die Européenerie, basierten auf einer oberflächlichen und selektiven Kenntnis des Anderen, die aus einer kleinen Anzahl von Büchern und visuellen Informationen gewonnen wurde.
Vielleicht war es gerade dieses bruchstückhafte Wissen, das dazu führte, dass sich China und der Westen gegenseitig als Märchenland betrachteten.»
Die aus Peking stammende freie Theatergruppe Paper Tiger Theatre Studio um den Regisseur Tian Gebing setzt sich in ihrer performativen Installation «Revolution: Stachel im Fleisch» mit diesem Dialog der Blicke analytisch auseinander. Ursprünglich hatte der einstige Karlsruher Dramaturg Jan Linders die Gruppe beim «Theatertreffen in China» 2017 kennengelernt. Nach seinem Wechsel als Programmleiter zum Humboldt Forum schlug er der mittlerweile nach Berlin gezogenen Gruppe vor, zu einem frei aus den Sammlungen gewählten Objekt ...
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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Magazin, Seite 69
von Eva Behrendt
DRESDEN, ALBERTINUM/ STÄDTISCHE GALERIE bis 13.8.,
«Ich halte doch nicht die Luft an.» Cornelia Schleime – frühe Werke / Cornelia Schleime «ich lass mich nicht spannen – lass mich nicht flechten»
Parallel stattfindende Ausstellungen zeigen Schleimes zwischen 1982 und 1984 produzierte experimentelle Super-8-Filme und ihre fotografisch festgehaltenen...
Man wusste nie, wer auftreten würde, auch wenn man die Stücke kannte: der sich selbst gefährdende, doch gut trainierte Seiltänzer; der gewiefte gierige Wolf mit liebenswürdig aasigem Dauergrinsen; der spitzenschuhgestählte Elefant im Porzellanladen; der hypermännliche Naive; der versponnen erzählverliebte und zugleich klug analytische Anekdotiker; der ausgebuffte...
Die Grenzen sind fließend. Nichts ist im Figuren- und Objekttheater unmöglich, so ziemlich alles ist erlaubt. Wer meint, die gute (oder böse) alte Puppe sei gänzlich aus der Mode gekommen oder ins biedere Marionettentheater verbannt, der hat nie Karl Marx auf der Bühne gesehen, wie ihn Suse Wächter mit seinem eigenen Geist und den Widersprüchen seiner Theorien...