Von Machtfülle und Frauenleid

Die Ruhrtriennale ist in ihre erste Saison unter Ivo van Hove gestartet – mit Produktionen mit Sandra Hüller und Isabelle Huppert, von Romeo Castellucci, Herbert Fritsch, Kirill Serebrennikow und Eline Arbo

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Da steht sie also, die große Oscar-Nominierte, deren Name nun Glamour und Gänsehaut verspricht, in gewaltig wallender Blondperücke. Obwohl diese Worte nicht zu Sandra Hüller passen, die ihren internationalen Ruhm doch durch ihre zurückgenommen-durchsichtige, eher anti-starhafte Schauspielkunst erlangt hat. Gerade hat sie eine Tänzerin wie ein Kind auf die Bühne der Jahrhunderthalle Bochum getragen. Ganz mit Erde bedeckt ist die Fläche, Mutterboden, in den sogleich ein Korn gepflanzt wird, «Teach me how to grow» singt sie mit heller Stimme und leichtfüßiger Melancholie.

An der Seite stehen Bäume in Kübeln und Straßenlaternen, darüber eine Breitbandleinwand: Lebensweg und Schlachtfeld einer Frau, deren existientielle Verlorenheit wohl niemand anrührender erzählen könnte als Sandra Hüller in Großaufnahme, die Wut und Trauer in einem Lippenzittern unterbringt.

In vier Kapitel und 26 Songs der britischen Pop-Künstlerin PJ Harvey hat Ivo van Hove seine Eröffnungsarbeit «I want absolute beauty» eingeteilt, inszeniert jeden einzeln mit großen Bildern. Auf dem Screen erscheinen die prächtigen Klippen des südenglischen Dorset, dort, wo PJ Harvey aufwuchs, doch der Song «Piano» erzählt von ...

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Theater heute November 2024
Rubrik: Festivals, Seite 32
von Dorothea Marcus

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