Verführte Verführer

Klaus Manns «Mephisto», Arthur Millers «Hexenjagd» und Ruedi Häusermanns «piano forte» am Schauspielhaus Zürich

An Görings Geburtstag rottet sich das grau gewandete Gefolge des Nazi-Oberbonzen zu einem Opernhausball zusammen. Den Gastgeber spielt Hendrik Höfgen, Intendant der Berliner Staatstheater, Görings Günstling. Der Autor Klaus Mann schreibt das Jahr 1936, er schrieb auch im Jahr 1936, er konnte noch nichts wissen von Holocaust und totalem Krieg, aber er ahnte das Monströse dieser Diktatur, und er kannte einen der unglaublichsten Karrieristen von Berlin aufs Intimste: Gustaf Gründgens.
So entwarf Klaus Mann seinen Roman «Mephisto» als Geschichte eines Zeiten- und Gesinnungswandels.

Die Weimarer Republik wird zum Dritten Reich, eine junge Demokratie zur Diktatur, ein Salonlinker zum Salonfaschisten. Und so entwirft die Zürcher Bühnenfassung von Regisseur Dusan David Parizek die Geschichte beispielhaft: So wie dieser Höfgen sich nach oben mogelt, so schaffen das alle Anpasser und Aufsteiger. Sie müssen nur das Talent haben.
Damit gar keine Missverständnisse aufkommen, verzichtet Parizek im Schauspielhaus Pfauen auf Pomp und Nazi-Devotionalien. Den Aufmarsch der braunen Elite zu Görings Geburtstag erzählt das Ensemble zusammengeklemmt auf einem Podest. Eine Waffenfabrikantengattin ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute März 2016
Rubrik: Aufführungen, Seite 25
von Stephan Reuter

Weitere Beiträge
Nürnberg: Rechter Spaßprediger

Viele der besonders geistlosen Sprüche und Sentenzen, die man auf Kundgebungen der AfD und bei Volksversammlungen von Pegida hört, erinnern fatal an das Vokabular, das in Deutschland nach 1933 in vieler Munde war. «Lügenpresse», «Überfremdung» oder auch «Schmarotzer», angewandt auf Flüchtlinge, die derzeit hier Sicherheit suchen, sind Wörter, die Adolf Hitler in...

Kaiserslautern: In der Trauma-Falle

Marco Reus hat eine Polizistin erschossen und sich mit einem Hippie-Mädchen in einer Lagerhalle verschanzt. Halt, Stop! Das stimmt natürlich nicht. Sieht aber erstmal so aus, wenn das Spiel losgeht auf der Werkstattbühne des Pfalztheaters: Daniel Mutlu in der Rolle des Ex-Bundeswehrsoldaten Daniel C., der seit seinem Afghanistan-Einsatz von seiner Umgebung für...

Sinn & Bühne: Die Frage des Planeten

Der Schauspieler Ulrich Matthes registriert seit Längerem ein gewisses Unbehagen an der (Bühnen-)Kultur. «Viele Menschen können mit dem Theater nichts rechtes mehr anfangen», sagte er in seinem Eingangsstatement zum Symposium «Was soll das Theater?» in der Berli­ner Akademie der Künste, das er als Direktor der Sektion Darstellende Kunst aus besagtem Grund selbst...