Verflixt vervögelt!
Zwischen zwei moralisch anfechtbaren Positionen zu wählen, ist nicht einfach, zwischen zwei untadeligen manchmal noch schwieriger. Kunstfreiheit und der Kampf gegen Antisemitismus sind zwei zentrale Prinzipien ganz oben auf der Werteskala der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung. Umso fataler, wenn sich beide in letzter Zeit immer wieder miteinander verhaken, wie jüngst in der von Anfang an hoch emotional geführten Debatte um eine Inszenierung des Theaterstücks «Vögel» von Wajdi Mouawad am freien Münchner Metropoltheater.
Das Stück aus dem Jahr 2017 lief dort in der Regie von Theaterleiter Jochen Schölch bereits mehrere Wochen – und davor schon in über 20 Inszenierungen im deutschsprachigen Raum sowie weltweit unter anderem auch mit positiver Resonanz am Cameri-Theater in Tel Aviv – als Anfang November 2022 Vertreter:innen des Verbands jüdischer Studenten in Bayern (VJSB) und der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) erst in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk und wenige Tage später in einem offenen Brief (https://vjsb.de/voegel) anhand einzelner Textstellen darin «Shoa-Relativierung und Vergleiche zwischen dem jüdischen Staat und Nazi-Deutschland» ...
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Theater heute 1 2023
Rubrik: Magazin, Seite 67
von Silvia Stammen
Eva Behrendt Fangen wir vorne an! Aus welchem englischen Titel haben Sie, Maren Kames, «Bühnenbeschimpfung» übersetzt?
Maren Kames Den englischen Titel habe ich diesmal tatsächlich zum ersten Mal in der Ankündigung auf der Suhrkamp-Homepage gesehen, nachdem die Übersetzung lang abgeschlossen war. Vorher wusste ich gar nicht, dass es überhaupt einen englischen...
Ups & Downs gehören zur Praxis der freien Künste. Vor allem, wenn diese sich auf Wegen der Transformation lange eingeübter Strukturen, Abläufe, Denk- und Arbeitsweisen bewegen. Jetzt aber droht das neue Jahr zu einem abrupten Down, einem verlorenen Jahr für die bundesweit agierenden Freien Darstellenden Künste zu werden, denn die Mittel in der Förderung fallen...
Die interessanteste Figur in diesem Stück heißt «Ich» (Alrun Hofert) und ist schwer greifbar. Es handelt sich um ein Atom oder Molekül, irgendein winziges Stück Materie, das immer schon da war und im Lauf der Jahrtausende so einiges mitgemacht hat. So eine Kontinentalverschiebung etwa ist ja keine Kleinigkeit. In jüngster Vergangenheit hielt es sich im Körper...