Vagabunden und Vogelfische

Graz

Theater heute - Logo

An einem bedeckten Sonntagvormittag im Juli auf dem Grazer Hauptplatz. Ein paar Wurstbuden und Cafés haben schon geöffnet, aber das kann nicht der Grund sein, warum sich eine ansehnliche Menschenmenge in Schwarmformation kreuz und quer über den Platz bewegt. Schaut man genauer hin, entdeckt man einen schmächtigen Mann mit Brille, Baskenmütze und blauem Trainingsanzug, der mit langen Schritten die Straßenbahnschienen entlang eilt, eine johlende Kinderschar auf den Fersen.

Einen Augenblick lang versucht er, sich in komischer Verzweiflung in einen Bankomat zu zwängen, flüchtet sich schließlich in einen Gyros-Stand, um dann plötzlich das Spiel umzukehren und seinerseits die kleinen Verfolger zu jagen, bevor er einer der bronzenen Flussgöttinnen des Erzherzog-Johann-Denkmals auf den Schoß klettert. Pierre Pilatte oder «Monsieur 1 Watt», ist ein Straßenkünstler alter Schule, einer, der nichts braucht außer sich selbst und einen Raum, der nicht einmal leer sein muss, weil er es meisterhaft beherrscht, mit all den Dingen des Alltags eben ein bisschen anders umzugehen, als man es gewohnt ist.

Straßentheater, möchte man meinen, ist eine Kunst aus dem Koffer, ohne Vorankündigung, ohne ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Oktober 2005
Rubrik: Chronik, Seite 38
von Silvia Stammen

Vergriffen
Weitere Beiträge
Sofas in Wort und Bild

Ein Sofa ist ein Sofa ist ein Sofa? Einerseits ja. Bis 1990 in der DDR bestimmt. Danach wurde es wie die Kunst an der Wand, die Hose am Bein und das Fingerfood in der Hand zu etwas anderem: einem Distinktionsmerkmal. Einem Verschleierungsinstrument. Das richtige Sofa, die richtige Kunst, die richtige Frau und die richtige falsche Betonung gewisser Wörter wie Dynamo...

Taubenschlag der Depression

Clifford Odets taucht in Schauspielführern nur als Fußnote auf, und sein größter persönlicher Erfolg war wahrscheinlich, dass er vom Femegericht McCarthys frei gesprochen wurde, obwohl er vor dem Zweiten Weltkrieg eindeutig Sympathisant der amerikanischen Kommunistischen Partei gewesen war. Zu dieser Zeit hatte er in New York eine Off-Bühne namens «Group Theatre»...

Du leidest, du lässt leiden – leider alles umsonst

Es gibt Künstler, die für ein bisschen Medienaufmerksamkeit alles tun, zumal, wenn sie gerade ein neues Buch, einen neuen Film, eine neue CD oder auch nur irgendeine Meinung zu promoten haben. Stürmt der Künstler nicht von selbst nach vorn, hat er Agenten, Verlage und Produktionsheinis, die ihm Beine machen. Man kann das niemandem verübeln. Der Künstler braucht die...