Theater als Möglichkeitsform

Ernst Jandl als Dramatiker: Claudia Bauer inszeniert am Wiener Volkstheater ein fulminantes Werkporträt

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Ein typischer Tag im Leben des Schriftstellers sieht so aus: Er stellt sich den Wecker früh und steht dann trotzdem spät auf, danach schreibt er zu wenig und trinkt zu viel. Gegen Abend kommt seine Freundin, auch sie Schriftstellerin, zum Essen. Wechselseitig lesen sie die tagsüber entstandenen Texte.

Er schreibt gerade an einem Stück, das von einem Tag im Leben eines Schriftstellers handelt … 

«Aus der Fremde», der einzige abendfüllende Theatertext des als Lyriker berühmten Ernst Jandl (1925–2000), ist einerseits ein Meisterwerk und andererseits das Ergebnis einer schweren Schreibkrise. Der Autor hatte den Auftrag angenommen, für den Steirischen Herbst 1979 ein Stück zu schreiben, und ist daran beinahe verzweifelt. Erst als er schon darüber nachdachte, wie er vom Vertrag zurücktreten könne, kam ihm die rettende Idee. «Zweieinhalb Jahre lang tappte ich im Dunkeln», erzählte Jandl 1984 in seiner Büchnerpreis-Rede, «ehe ich mit der einzigen Figur in Berührung kam, die sich von mir vielleicht auf die Bühne stellen ließ, und das war ein Fremder, nämlich ich selbst.» 

Die Figuren «er» und «sie» stehen natürlich für Ernst Jandl und Friederike Mayröcker; das Langzeit-Dichterpaar hatte ...

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Theater heute März 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Wolfgang Kralicek

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