Tanz den Rechtsruck

Lothar Kittstein «216 Millionen» am Schauspiel Bonn

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216 Millionen Menschen werden durch den Klimawandel laut einer Weltbank-Statistik von 2021 zur Flucht gezwungen werden. Kaum ernsthaft vorstellbar ist es, sie durch Grenzkontrollen, Zäune, Mauern oder Frontex-Boote aufhalten zu können – so die Grundannahme von Volker Löschs und Lothar Kittsteins neuester Bonner Arbeit «216 Millionen», die vor dem politischen Getöse dieser Tage seltsam ausgeblendet erscheint.

Vier dieser Geflüchteten erscheinen im Bad Godesberger Schauspielhaus auf einer leeren Bühne: Nadia und Kayci Feyzi aus Afghanistan und Iran, Pizzar Stanley Pierre aus Haiti, Sadou Sow aus Guinea. In nahezu perfektem Deutsch erzählen sie, allein oder chorisch, von überfluteten Feldern, Dürre, Hunger, durch Kolonialismus entstandenen Monokulturen, die sie auf Boote, in Zug-Toiletten, auf die ganze gefährliche Reise getrieben haben – obwohl man das als Asylgrund ja gar nicht nennen dürfe.

So weit, so tragisch, so bekannt, so 2015 – mag man sich als durchschnittlich weißer und schuldbewusster Mittelstands-Theaterbesucher sagen. Aber kann Europa wirklich die ganze klimabetroffene Erdhalbkugel aufnehmen? Was passiert dann mit westlichen Gesellschaften, Demokratie, Akzeptanz? Doch ...

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Theater heute Dezember 2024
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Dorothea Marcus

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