Sklaven der Familie
Es sirrt, es zirpt, und zwar ziemlich aggressiv. Zikaden, untrüglich. Das ikonische Insekt aus dem familiendramatischen Tennessee-Williams-Country. Geben nie Ruhe im Geflecht, bleiben aber unterschwellig. Handeln im Verborgenen, kriechen einem ins Gehirn. Und entpuppen sich als eher hartleibige Zeitgenossen.
Damit wäre schon viel gesagt über das Biotop – Typus: runtergerocktes Plantagenherrenhaus –, in welches Frank, genannt Franz, Lafayette und seine Verlobte River, genannt Baby, des Nachts ihre Rucksäcke werfen.
Klettern durchs Fenster wie die Vagabunden, vermutlich eine von Franks romantisch-kathartischen Ideen, und schrecken Rhys aus dem Schlaf, der vor dem Klammergriff seiner Mutter aufs Sofa geflüchtet ist.
Diese, genannt Toni, erscheint mit Taschenlampe auf der Treppe und sticht mit dem scharfen Strahl ihrer Missgunst umstandslos den Ankömmlingen ins Gesicht. Sie handhabt das eigentlich immer so. Merke: Das Gespensteraufkommen ist beträchtlich in diesem Haus. Da hat der US-Dramatiker Branden Jacobs-Jenkins vor nunmehr rund zehn Jahren in «Appropriate» ganze Arbeit geleistet.
Wenn jemand Personal und Handlungsmotive aus der Post-Sklavenhaltergesellschaft in den ...
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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Stephan Reuter
Zu dritt stehen sie zu Beginn auf der Bühne, in schwarzen Smokings, Fliege und weißen Hemden wie aus dem Ei gepellt: Der hochgewachsene Stefan Hunstein mit langem, strähnigem Haar, der vergleichsweise zarte Jens Harzer mit graumeliertem Wuschelkopf, und Marina Galic, die wie ein junger Mann etwas linkisch unter der schwarzen Tolle hervorlugt. Eine Band, eine...
Die Symptome hat er früh erkannt, genau beschrieben und dann doch in ihrer Bösartigkeit noch unterschätzt. «Drei Jahre Geschichte einer Provinz» skizziert Lion Feuchtwanger in seinem 800- Seiten-München-Roman «Erfolg» (erschienen 1930), in dem die leicht schrulligen und in ihrer Weltsicht ein wenig beschränkt gezeichneten Bewohner der bayerischen Hochebene zwischen...
Neben Kerrs und Polgars Kritiken haben auch die von Herrmann-Neiße eine noch immer aktuelle Aussagekraft und machen Lust auf Theater. Er liebte das Theater mit Körper, Verstand und Seele von Kindheit an. Mit Artisten, Akrobaten, Komikern beider Geschlechter und diverser Lebensweise wie Karl Valentin, Lisl Karlstadt, Hans Moser, Cläre Waldoff, Willi Schaeffers, Curt...
