Seh(n)sucht eines Heimgeflohenen
In den letzten beiden Jahren auf Teneriffa unterzog sich der mit Depressionen und Ehekrisen kämpfende Dichter Franz Xaver Kroetz nach jahrelanger TV-Abstinenz einem aufopferungsvollen Selbstversuch und hätte sich dabei mittels Fernbedienung und Satellitenempfang Dutzender deutscher Privatkanäle wohl beinahe den Goldenen Schuss gesetzt.
«Tänzerinnen + Drücker» heißt die theatrale Ausbeute eines Exzessiv-Fernseh-Deliriums; eigentlich ist es ein einziger Hassausbruch, gepaart mit der geschlechterspezifisch differenzierten Darstellung typischer Spätfolgen von unkontrolliertem TV-Konsum. Dabei interessieren sich die männlichen Probanden erwartungsgemäß vor allem für die äußeren und inneren anatomischen Qualitäten einer gewissen Tina, der zuliebe sie sogar vorübergehend die Fernbedienung aus der zittrigen Hand legen, um diese anderswo zum Einsatz zu bringen.
Die weibliche Kontrollgruppe setzt sich dagegen, obwohl als Altersheim-Insassinnen faktisch vor den Bildschirm gefesselt, mit den letzten Resten ihrer Wunsch- und Leidenskraft gegen die totale mediale Gleichschaltung zur Wehr, indem sie sich nicht mit der Zuschauerrolle zufrieden geben, sondern in bester «Präsidentinnen»-Manier ...
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Für manche war es einer der bewegendsten Momente der diesjährigen Berliner Filmfestspiele: Über den gleichen Teppich, über den in den Vortagen Stars wie George Clooney oder Meryl Streep geschritten waren, liefen nun Andreas Müller und Ilka Welz, die Hauptdarsteller aus Valeska Grisebachs «Sehnsucht». Und die beiden Laienschauspieler aus Brandenburg standen den...
Von Jovan Sterija Popovic (1806–1856) heißt es, er sei der serbische Nestroy. Seine bitter-ätzende Komödie «Die Patrioten» zeigt ein Häuflein untereinander zerstrittener Kleinbürger, von denen jeder den anderen für einen schlechten Patrioten hält, während es um Posten und Pfründe geht. Sterija muss nicht neu entdeckt werden, aber er hat gerade ein Doppeljubiläum...
Viel Lärm um Nichts» ist eine Komödie, deren Titel ein Regisseur durchaus ernst nehmen darf. Auch wenn hier Soldaten aus dem Krieg heimkehren, es Schurken und moralische Ansinnen gibt, auch wenn hier Stolz zu Demütigungen und Dummheit zum Erfolg führt, bleibt Shakespeares flottes Bühnenstück doch zu allererst ein Schlachtplan für Vergnüglichkeiten. Also macht...