Ohne Frauen ist kein Staat zu machen

Die dokumentarische Performance «Seid doch laut» spürt in der historischen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der Frauenbewegung und ihrer Rolle 1989 nach

Theater heute - Logo

Die Seele ist verletzbar. Das habe ich erfahren», gesteht die Schauspielerin dem Publikum, das über die Raumbühne verteilt auf Stühlen sitzt. «Stellen Sie sich vor, Sie haben keine einzige Schublade, in die Sie Ihre Notizen legen können. Jeder Raum ist vom Geheimdienst vermessen, jedes Wort kann mitgeschnitten werden. Jede intime Handlung wird belauscht.» 

Im schlicht ausgestatteten Veranstaltungssaal, den das dokumentarische Theaterstück site-spezifisch als Bühne nutzt, fanden früher auch Dienstkonferenzen und Empfänge für ausländische Delegationen statt.

Mit seinen hohen Fenstern, dem Treppenhaus mit riesigem Kaskadenleuchter setzt sich das «Haus 22» vom übrigen Plattenbaukomplex mit seinen unzähligen Büroeinheiten schon architektonisch deutlich ab: Bis zu 7000 hauptamtliche Mitarbeiter:innen waren in der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin-Lichtenberg zu DDR-Zeiten beschäftigt. Dass die Gebäude heute einen «Campus für Demokratie» beheimaten und die systematische Überwachung und Unterdrückung der DDR-Bevölkerung dokumentieren können, ist dem Engagement der Bürger:innen zu verdanken, die am 15. Januar 1990 das abgeriegelte Gelände der Geheimpolizei ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Februar 2023
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Anja Quickert

Weitere Beiträge
Jedes Autokennzeichen ein Hakenkreuz

Kann man den Holocaust darstellen? Muss man es nicht sogar, wenn fast alle Zeitzeugen verstorben sind? Vielleicht auch, um Filmen wie «Schind -lers Liste» von Steven Spielberg nicht das Narrativ zu überlassen? Der steckte übrigens in der Postproduktion von «Jurassic Parc», als er seinen Hollywood-Blockbuster über den Holocaust drehte. Darüber plaudert das Filmteam...

Anklagen und Selbstanklagen

Es ist zu spät», singen die sieben Schauspieler:innen in vollendetem chorischen Wohllaut gleich zu Beginn von «Sonne, los jetzt!», wenn sich der rote Vorhang hinter ihnen schließt. Üblicherweise öffnen sich rote Vorhänge zu Vorstellungsbeginn, in Zürich geht dagegen zunächst abrupt das Licht aus; erst nach Minuten der Dunkelheit erglüht dann doch eine riesige, bald...

«Jette ist Jette»

In Frank Castorfs «Wallenstein»-Inszenierung am Staatsschauspiel Dresden – wir haben bereits das «Lager» verlassen, diversen Soldaten und Marketenderinnen gelauscht und steuern in etwa auf Minute 120 des Siebenstünders zu – erscheint Henriette Hölzel dramatisch stöhnend auf einer Hochebene in Aleksandar Denics Bühnenbild. Mit ausgestellter Geste wischt sie sich...