Ira hinter den Pixeln
Im Smarthome spukt es. Denn die Gewohnheiten der ehemaligen Bewohnerin haben sich längst eingeschrieben in seinen Algorithmus und überdauern so sogar ihren physischen Tod. «Das Haus spielt Theater für Sie», erklärt Ira der Hinterbliebenen. Denn es zündet in Erinnerung an die Verstorbene jeden Tag eine Zigarette an – wie es ihre Gewohnheit war.
Ira ist Expertin für verhexte Technologie, sie geht dem Flüstern nach in den Glasfaserkabeln.
Wie eine Detektivin spürt sie die Fehler in einem System auf, in dem menschliche Existenz und künstliche Intelligenz Hand in Hand gehen und die Folgen nicht immer absehbar sind. Besonders erfolgreich ist Ira trotzdem nicht, weil sie sich weigert, Implantate zu tragen. Die Mehrzahl der Menschheit hat solche bereits und ist dank ihnen in der Lage, ihre Wahrnehmung der Welt mit einer virtuellen Realität – sogenannten Overlays – zu überblenden und sich so immer und überall in ihren ganz eigenen Pixeltraum zu versetzen.
Der Autor und Regisseur Wilke Weermann hat im Auftrag des Schauspiel Frankfurt diese Ira und ihre Zeitgenoss:innen erfunden, die nun über die Bühne der Kammerspiele zuckeln. Denn die Spieler:innen bewegen sich wie Avatare durch diesen ...
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Theater heute Februar 2023
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Esther Boldt
Wer spricht hier eigentlich? Schauspielerin Anna Rieser sitzt auf der riesigen Bühne des Wiener Volkstheaters etwas verloren auf einem Baugerüst (Bühne: Michael Sieberock-Serafimowitsch); sie möchte mit uns Kontakt aufnehmen. Doch ihr Mikrofon gibt nur wummernde, monströse, nichtmenschliche Laute von sich. Was sie auch sagt, nichts erreicht uns, sie sendet auf...
So eine Erscheinung kommt dem Pfarrer nicht alle Tage unter. «Ich möchte mich als Heilige Maria bewerben», verkündet die Frau dem stillen Herrn am äußersten Bühnenrand. Pointierte Karriereplanung, keine Frage. Allerdings handelt es sich um eine Bewerbung von flatterhafter Qualität. Die Enddreißigerin stöckelt denkbar unkeusch herbei, ihr Heiligenschein leuchtet...
«Aussterben ist langweilig (…) / damit kommt man weiter nicht», das war 2003 in Peter Lichts «Safarinachmittag» noch eine ganz entspannt singbare Textzeile. Aus Sicht des Universums ist sie wahrscheinlich immer noch lustig. Nur die Menschen, die darüber lachen können, weil sie eh rechtzeitig sterben, werden weniger. Die, die das Schwinden bewohnbarer Landstriche...