Occupy Opera

Über digitale Renaissance und ostdeutsche Standortvorteile. Kolumne von Moritz Lobeck

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In den sehr lesenswerten Studien zu Praktiken der Evidenzproduktion im 17. Jahrhundert (Jan Lazardzig et al., 2006) wird der im sächsischen Kurfürstentum geborene und aufgewachsene Gottfried Wilhelm Leibniz mit seiner «Spektakel Akademie» zitiert, in der er Mathematiker, Musiker, Bildhauer, Ingenieure, Scharlatane oder Dichter für öffentliche Experimente, Komödien, anatomische Demonstrationen oder Kunst- und Raritätenkabinette versammeln wollte.

Vor dem Hintergrund aktueller Deutungsverluste von Wissenschaft und Forschung gegenüber populistischen Influenzern und der gleichzeitig bescheidenen Relevanz von Kunst und Philosophie könnte eine solche Allianz gerade im digitalen Zeitalter und inmitten kaum noch fassbarer Transformationsprozesse vielleicht wieder interessant sein.

Es ist nicht so, dass es heute keine Räume gäbe, die bestens für solche Spektakelpläne von Kunst, Wissenschaft und Technologie – und vor allem entsprechend neue Zusammensetzungen des Publikums – ausgestattet wären. In Europa sind hier vielleicht etablierte Institutionen wie IRCAM/Centre Pompidou, Manchester International Festival, ZKM und Ars Electronica oder auch Plattformen wie das EU-Programm S+T+ARTS zu ...

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Theater heute Juli 2024
Rubrik: Magazin, Seite 71
von Moritz Lobeck

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