Nur die Stärksten überleben
Da fehlt doch was? Hoch oben auf dem dreistöckigen verschraubten Wohnkubus blinken nur ein paar Lämpchen einsam um das leere Gerippe einer verrosteten Werbefläche, trauriger Rest irgendeines vom Wind verwehten Plakatständers. Noch vor kurzem hätte sich Bühnenbildner Bert Neumann die Gelegenheit nicht entgehen lassen, eine Videowand dort oben zu installieren, am besten umglänzt von einem Dutzend flackernder Monitörchen. Und jetzt das: ein trübe umblitztes Nichts.
Sonst Bühne as usual in Frank Castorfs Dostojewski-Containerdorf, das schon wesentlich großartigere Tage gesehen hat: eine Etagenschachtel der billigsten Sorte mit braunen Laminat-Platten im zusammengeschraubten Metallgerüst, dazwischen ein Labyrinth aus Feuerleitern wie in New Yorker Hinterhöfen. Auf der Seite noch ein Standard-Bauarbeiter-Heim im Schuhkarton-Format für Technik und Umkleide. Vorbei die Zeiten, als in Neumanns Ost/ West-Bungalows vor großen Fensterflächen bürgerliche Vorhänge wehten und im Inneren wenigstens eine geschmacklose Couchgarnitur wartete. Jetzt ist die Wohnschachtel bei sich angekommen: drittklassig, verschmiert, mit Klappliegen und offenem Klo wie in der billigsten Absteige. Alles kreiselt ...
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Menschen rennen durch die Nacht. Erst waren nur ein paar Spaziergänger in Laufschritt gefallen, dann schwoll das Läufertrüppchen zum Rudel an. Jetzt dröhnt und knarrt der Bühnenboden unter den polternden Tritten der Turnschuhe und Badelatschen. Stumm wälzt sich die Herde, vielleicht auf der Flucht, vielleicht auf der Jagd, Runde um Runde über die «Ebene von...
Krakau hat ähnlich viele Theater und Theaterchen wie Kirchen und Kapellen – und das will was heißen. Krakau hat aber auch – trotz Tadeusz Kantor und alledem – den Ruf einer kulturell konservativen Stadt; das Neue erwartet man eher aus Warschau oder Danzig. Beständigkeit ist eben ein unübersehbarer Wert zwischen jahrhundertealten Bürgerhäusern, der majestätischen...
Wie wohl hätte man sich heute einen «Weltverbesserer» vorzustellen, einen, der von sich sagt, «mein Kampf ist ein Kampf um das Glück aller; sollte ich glücklich sein, so müssten es zuerst alle andern Menschen um mich herum sein»? Getroffen hat man ja schon länger keinen mehr.
Wäre so einer jung und bei Attac, wäre er ein übrig gebliebener 68er, wäre er eine...