Nimm das, Nachhaltigkeit!
Ganz schön abgezockt: Da gewinnt ein Jungautor gleich mit seinem Debüt den Werkauftrag des Theatertreffen-Stückemarktes – und dann lässt er in eben diesem Auftragsstück einen Jungautoren, dessen Biografie an seine eigene erinnert, ausgiebig über das kreativitätsfeindliche Stückauftragswesen jammern.
Zunächst scheint es um die Unsinnigkeiten eines Theatermarktes zu gehen, der von jungen Autoren «große Themen» und «Nachhaltigkeit» verlangt – «Intimität ist Gift!» – und dann doch nur Jahrestage abfeiern möchte, zum Beispiel 20 Jahre Wende.
Dann schleicht sich eben dieses nachhaltige Thema durch die Hintertür herein. Denn «Kein Schiff wird kommen» handelt davon, dass der namenlos bleibende Autor auf seine Heimatinsel Föhr reist, um mangels eigener Mauerfall-Erinnerungen seinen Vater zu befragen. Dabei wird en passant die Kluft zwischen der kollektiven Großformat-Erinnerung und der Banalität des Alltags vorgeführt – die einzige authentische Föhr-Anekdote kommentiert der Sohn verächtlich: «Das ist doch pure Zeitverschwendung! Das hat alles überhaupt keine Brisanz!»
Da blitzt kurz mal Stockmanns Credo auf, dass im Kapitalismus alle Lebensbereiche von merkantilem Denken (in diesem Fall ...
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