Mulligatawny Soup

Indische Hühnersuppe wird gut ausgekocht: Jossi Wieler inszeniert Goethes «Iphigenie» in der Berliner Schaubühne, Dimiter Gotscheff platziert Heiner Müllers «Prometheus»-Wortragout vor der Volksbühne, und Soeren Voima flambiert Euripides mit Aischylos und Selbstgebranntem

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Die Vernunft hat einen schönen Klang, jedenfalls bei Goethe. Jahrelang hat er Euripides’ Tragödie sprachlich humanisiert, bis der idealistische Wohllaut im vollendeten Seelenakkord schwingt. Im März 1779, vier Wochen bevor er die erste (Prosa-)Fassung seiner «Iphigenie» fertigstellte, hatte Goethe an Charlotte von Stein aus dem nahegelegenen Apolda geschrieben, wohin er sich auf ein paar Tage Schreiburlaub zurückgezogen hatte: «Hier will das Drama gar nicht fort, es ist verflucht, der König von Tauris soll reden, als wenn kein Strumpfwürker in Apolda hungerte.

» Im Oktober 1780 schrieb er an Lavater, er müsse seinem Schauspiel «noch mehr Harmonie im Stil verschaffen», was ihn jedoch noch einige Zeit beschäftigen sollte. Bis zur Italienischen Reise musste die Griechenfürstin warten, dass sie in meist fünf- und sechshebige Jamben gegossen ward und endlich «nun eine harmonische Stelle die nächste unharmonische verjagt».

Keine leichte Aufgabe für den Weimarer Klas­siker angesichts der Vorlage: Die alte Geschichte der Tantaliden-Greuel will erst berichtet sein, bis das Verhängnis die jüngste Generation der herrscherlichen Schlächter-Sippe erreicht. Die Wendung von der erst für guten ...

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Theater heute Juli 2009
Rubrik: Aufführungen, Seite 24
von Franz Wille

Vergriffen
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