Mehr aufgeschlitzte Bäuche!

Beim FIND-Festival 2023 an der Berliner Schaubühne dominiert von der Wooster Group bis zu Kuro Tanino postdramatische Geheimnislosigkeit – und doch gibt es eine Entdeckung

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Weit weg vom dramatischen Theater führt das Werk des polnischen Künstlers Tadeusz Kantor», schreibt Hans-Thies Lehmann in seinem 1999 publizierten paradigmatischen Lang-Essay «Postdramatisches Theater». «Sein Werk umkreist in obsessiver Weise die eigenen Kindheitserinnerungen und weist schon deswegen eine Zeitstruktur der Erinnerung, Wiederholung und Konfrontation mit Verlust und Tod auf.» Lehmann begreift Kantors Theater als «Zeremonie», die befreit ist von «naivem Vormachen», als «quasi rituelle Form der Vergangenheitsbeschwörung».

Gut 300 Seiten nach den Überlegungen zu Kantor analysiert der Theaterwissenschaftler auch den postdramatischen Einsatz von Technik und Medien beim New Yorker Kollektiv Wooster Group. Beide gelten längst als Ikonen des «Postdramatischen Theaters», auch wenn sich ihr Einfluss als Avantgarden zeitlich und ästhetisch sehr unterschiedlich verortet. – Mit der Inszenierung «A PINK CHAIR (In Place of a Fake Antique)» unternimmt die Wooster Group den ambitionierten Versuch, die Theatergeschichte in die Gegenwart zu holen.

Auch beim Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) an der Schaubühne hat das «Postdramatische Theater» mittlerweile die titelgebende ...

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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Festivals, Seite 36
von Anja Quickert

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