Life is live

«Live is life», singt Opus, «when we all feel the power ...», und weiter: «every minute of the future is the memory of the past». Voilà, schlichter und gleichzeitig treffender lässt sich die Kraft dieser vergänglichen Kunst wohl kaum beschreiben. Halten wir also fest: Theater ist life ist live. Basta!

Natürlich gehen wir davon aus, dass die Pandemie irgendwann enden wird, aber werden wir danach wirklich wieder zur «Normalität» zurückkehren? Was heißt denn schon «Normalität»? Werden wir überhaupt wieder vor vollen Tribünen spielen dürfen? Sicher ist nur, dass nichts sicher ist. In gewisser Weise gilt das ja ganz grundsätzlich fürs Theater. Oder um es mit Schlingensief zu sagen: «Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können.

» Ich schlage vor, wir definieren zwei künstlerische Phasen während der Pandemie: Die erste dauert von März bis November 2020. Die zweite beginnt im November 2020 und ist noch nicht beendet. In der ersten Phase kommen die meisten Theater zum totalen Stillstand. Man sitzt beklommen zu Hause und entdeckt zögernd das Konferieren im Zoom. Erste digitale Formate werden entwickelt. Unsere Streaming-Plattform am Schauspiel Köln nennen wir «Dramazon Prime». Es entstehen kleine (Smartphone-)Filmchen, die ihr «Hallo, es gibt uns noch!» in die düstere Endzeitwelt hinausrufen. Rauchzeichen aus den Quarantäne-Bunkern. Beim Schauen stellt sich oft Scham ein. Mir fehlt die Kraft, es zu untersagen. Die ...

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Theater heute Jahrbuch 2021
Rubrik: Streaming, Seite 72
von Stefan Bachmann

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