Liebe Gemeinde!
«Ich existiere», ruft Fabian Hinrichs aus, «um 20 Uhr 34 im Thalia Theater!» Einspruch! Das mit der Uhrzeit stimmt zwar, aber Hinrichs existiert gerade ganz eindeutig nicht im Thalia, sondern ein paar Straßen weiter im Hamburger Schauspielhaus, für das der Theaterkünstler der Stunde gemeinsam mit Bühnenbildner Jürgen Lehmann «Ich. Welt. Wir. Es zischeln 1000 Fragen» inszeniert hat, ein Stück, das zumindest für das krisengeschüttelte Schauspielhaus ästhetisch kontrovers daherkommt.
Weil die Soloperformance mit Sitar-Untermalung (Live-Musiker: Florian Pittner) sich mit jeder Faser dagegen sperrt, überhaupt ein Theaterstück zu sein.
Hinrichs schauspielert praktisch nicht, er predigt. Irgendwo zwischen evangelikaler Erweckungsästhetik, dem Patchworkglauben neuer Religiöser Bewegungen, einer Art Theaterreligion und den «Liebe Gemeinde!»-Witzen des frühen Otto Waalkes jagt der gut einstündige Monolog durch spirituelle Bekenntnisse, salbungsvoll, immer im hohen, nur selten modulierten Ton, schlicht: unglaublich anstrengend. Nicht zuletzt für ein Publikum, dem der Bezug zum speziellen performativen Charme des religiösen Ritus fehlt. Das flüchtet sich dann mit dem Darsteller in die Ironie: ...
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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Falk Schreiber
In Andrej Tarkowskis grandiosem (und grandios kryptischem) Film «Stalker» von 1979 erkunden drei Männer einen «Raum der Wünsche», der irgendwo in einer verbotenen, womöglich kontaminierten Zone liegt; die Männer finden diesen seltsamen, unscheinbaren Raum, aber sie nehmen ihn nicht wirklich in Besitz. Ein Stalker ist zunächst nicht ein Mann, der eine Frau belästigt...
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