Kein Hauch von Swinton
Es ist schwer, sich Orlando nach dem Film von Sally Potter anders als mit dem Gesicht von Tilda Swinton vorzustellen. Ungreifbar und präsent zugleich, mehr Ahnung als Körper lebt er durch die Jahrhunderte. Sieht man in ihr den melancholischen Adligen, erscheint darin gleich auch das Gesicht einer aufgeweckten jungen Lady, sieht man die eigenwillige Gesellschaftsdame, blickt einem auch der sensible Elisabethaner entgegen.
Lily Sykes, Regisseurin der Darmstädter Aufführung von «Orlando», dem realistischen und erzählerischen Theater nicht abgeneigt, hat rein äußerlich einen Hauch Swinton an sich. Orlando, Swinton und Sykes, sie sind ein Versprechen! Ob sie wollen oder nicht, sie geben eine Idee auf die verlockende Welt zwischen den Geschlechtern, nicht auf simple Bisexualität, sondern auf jenes Land, wo sowohl Sex wie Gender sich auflösen und das ferne Land körperloser Freiheit beginnt.
Die Schauspielerin Katharina Susewind kommt nicht von hier. Sie bleibt immer Frau, auch wenn sie gekonnt über die Bühne stakst, wie das dem Manne in seinen Beinlingen wohl geziemte. Aber man kann dabei nicht vergessen, dass das Imitation ist, gelernt für diese Rolle. Susewind schafft es auch, den ...
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Theater heute Juli 2016
Rubrik: Chronik, Seite 53
von Peter Michalzik
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