Jugend im Schnelldurchlauf
Gewalt ist doch eine Lösung. Für Hendrik, Tino, Pavel und die anderen. Für die Jugendlichen, die in Stralsund im von Plattenbauten dominierten Stadtteil Knieper West großwerden. In den Überresten der DDR. In den so genannten Nullerjahren. «Nullerjahre», so heißt das Buch, das Hendrik Bolz über sein Aufwachsen geschrieben hat. Ein «Debütroman» wird es manchmal genannt.
Bolz, vor allem bekannt als «Testo» und Teil der Hip-Hop-Band «Zugezogen Maskulin» schreibt darin mit hartem Beat und hohem Tempo von verlassenen Häuserschluchten, frei kreisendem Testosteron, vom Recht des Stärkeren, von Rassismus, Hass und von Gewalt als Lösung – und als Überlebensstrategie. Es ist ein schonungsloser Roman, eben weil es kein Roman ist, auch keine Autobiografie – aber alles, was der Autor beschreibt, soll so passiert sein.
Die Triggerwarnung, die die Regisseurin Nina Gühlstorff ihrer Inszenierung voranstellt, ist tatsächlich berechtigt. «Sie haben jetzt noch die Möglichkeit zu gehen», beendet der Darsteller seine warnende Vorrede. «Jetzt nicht mehr», grätscht ihm ein anderer fies grinsend ins Wort. Klar: Hier lässt keine:r dem oder der andere:n den Vortritt. Hier klingt jedes Wort wie eine Drohung, ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute 4 2023
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Katrin Ullmann
Oben hockt Tell mit seiner Armbrust in der golden leuchtenden Steilwand, von der herab er Gessler erschossen hat. Unten kriecht ein blutbeschmiertes Volk hervor und skandiert: «Tell, der Schütze und Befreier.» Dieser Tell ist kein Held, sondern ein von dem Bewusstsein seiner Schuld für einen Mord aus dem Hinterhalt zerfressener Einzelgänger.
Eine Inszenierung von...
Am Anfang war die Sehnsucht. Carla Wierer, Freiburgerin, Abitur frisch in der Tasche, packt die Koffer und reist nach Peru. Fernweh hieß das früher, ein beinahe ausgestorbenes Lebensgefühl aus Zeiten, als es noch utopisch war, dass 19-Jährige mal eben ein Praktikum an der Südpazifikküste einfädeln könnten.
Carla Wierer konnte es. Das war 2009. Sie dockt beim...
Ein Bett ist ein privater Ort. Ein intimer Ort, ein Ort der Entspannung, auch ein Ort der Verletzbarkeit. Wenn zu Beginn des Theaterabends ein Paar im Bett schläft, dann ist das ein Hinweis: Das wird nicht gut ausgehen.
Lina Oanh Nguyen hat für Marie Schleefs Inszenierung von Liz Ziemskas in Deutschland wenig bekannter Fantasy-Erzählung «The Mush -room Queen» ein...