Im Irrgarten der Referenzen
Im Zeitalter der Verflüssigung aller Geschlechtszuschreibungen wird eine ferne Figur wie Edward II, mittelalterlicher König von England, wieder interessant. Dabei sieht man nur durch eine fast endlose Reihe von verschmierten Fenstern auf eine kaum mehr erkennbare Gestalt. Pinar Karabuluts Mini-Serie «Edward II», produziert vom Schauspiel Köln, blickt durch Ewald Palmetshofers Neufassung auf Christopher Marlowes Drama aus elisabethanischer Zeit; dazwischen haben sich noch Bertolt Brechts Bearbeitung von 1924 und Derek Jarmans Film von 1992 geschoben.
Und Marlowe bedient sich der Chronik Holingsheds von 1587, die wiederum auf unzuverlässigen Nachrichten der Hofschreiber des 13. Jahrhunderts beruht. Wen man da als Geschlechtergrenzen überschreitenden Herrscher zu sehen meint, der ist vor allem ein Nachbild unserer eignen Zeit.
Marlowes Stück balanciert noch homophobe Gewalt und freundliche Männerliebe aus, schon um die Zensur zufriedenzustellen. Zusammengehalten wird die Handlung bei ihm weniger durch die wechselnden Affären des Königs als durch den dauerhaften Widerstand der Barone gegen seine unfähige Regierung. Politik ist das Zentrum bei Marlowe, nicht die Liebe. Das ändert sich ...
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Theater heute Mai 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 54
von Gerhard Preußer
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