Hoffnung auf Heilung
Man könnte sich fragen, was es das Publikum interessiert, ob ein Schauspieler eine Vorhaut hat oder nicht – Karsten sagt, er habe eine, Loai dagegen ist beschnitten, und Ayelet hat in ihrem Leben noch nie eine Vorhaut gesehen oder berührt. Man kann mit dieser unverhofft delikaten Information aber auch einen clever entwaffnenden Auftakt inszenieren. Das verklemmte Verhältnis, kulturelle Differenzen und der ganz persönliche Blick darauf oder darunter, das alles steckt schon in dem kleinen biografischen Intro.
Yael Ronens Inszenierung lebt vom schnellen Kontrast aus Selbstreflexion und Selbstironie. «3G» prangt auf den roten T-Shirts der Schauspieler. Ein internationales Label: nicht für die neueste iPhone-Software, sondern für die geschichtliche Codebase, die die jungen Menschen verbindet als «Dritte Generation». Sie stammen aus Deutschland, Israel und Palästina und haben unter Ronens Anleitung mehrere Monate in einem «Work in Progress» private Wurzeln und politische Standpunkte diskutiert: Holocaust und Verantwortung, Siedlungsbau und Schuld, Vorbehalte, Vorurteile.
Statt wohltemperiertem Gutmenschentheater ist daraus ein rougher, tougher, ja in seiner Kraft, Klugheit und ...
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Jetzt geht die Party richtig los. Tisch 2 rechts vorn dreht ab. Bis jetzt war ja die reifere Dame mit dem charmant nach Ungarn, vielleicht auch nach Baltikum klingenden Akzent vor allem eine treue Helferin für den Künstler, der da zwischen den Tischen im kleinen Festsaal gerade zwei Halbzeiten lang eine der haltbarsten Ikonen nachkriegsdeutscher Humor-Geschichte...
Gleich nach einer kurzen Diashow zur Einstimmung teilen sich Gesine Hohmann und Stephan Stock die Bühne gerecht auf. Auf der linken Seite arbeitet sich der Berner Schauspielschüler mit geradem Rücken, irritierend wohlgesetztem Lächeln und ein paar multifunktionalen Holzlatten durch den stoischen Optimismus von Halldor Laxness’ «Sein eigener Herr»: die Geschichte...
Es ist ja auch ein Fluch, Künstler in New York zu sein. Jedes Jahr im Januar fliegen zig Kuratoren, Veranstalter, Festivaldramaturgen über den Atlantik auf Entdeckungsreise, wenn neben «Under the Radar» am Public Theater und «Coil» am PS122 auch diverse kleinere Festivals neue amerikanische, meist nicht-dramatische Theaterarbeiten aus New York präsentieren. Und...