Highway zum Himmel
Es ist umsonst. Egal, was der Tänzer im blauen Ringelshirt mit dem Laib Brot in der Hand auch anstellt, es wird ihn nicht satt machen. Er drückt das Brot kräftig an seine Brust, klemmt es sich unters Kinn, versucht es mit geballter Kraft zu brechen, bis er schließlich mit seinen Fingernägeln auf ihm herum kratzt, dass es einem kalt den Rücken runter läuft. Irgendwie gelingt es ihm doch noch, ein Stück davon abzubeißen, nur um es sofort wieder auszuspucken. – Was der Tänzer Elie Tass zu Beginn von Alain Platels neuem Stück «vsprs» ausspuckt, ist jedoch nicht nur das Brot.
Es ist zugleich ganz symbolkräftig der Leib Christi und mit ihm der Glaube und die Bindung an ein höheres Wesen und seinen Wertekanon. Die Tänzer werden beides während der drauffolgenden 100 Minuten, die das Stück an der Berliner Staatsoper Unter den Linden dauert, nicht wieder gewinnen.
Während Tass mit den Requisiten der Eucharistie kämpft, zieht sich neben ihm der Tänzer Ross McCormack blitzschnell aus. Er strampelt die Schuhe weg und wirft seine Anzugshose zur Seite (Kostüme: Lies van Assche), wobei er einen regelrechten Veitstanz aufführt, der typisch ist für die Bewegungssprache des Stücks. Rosalba Torres ...
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Die Revolution ist ein ambulanter Zustand. Sie duldet kein Sich-Einrichten. Ihre Führer sitzen am besten auf gepackten Kisten – wartend wie auf die lange Bank geschoben für einen kurzen Prozess, der ihnen gemacht wird. Wenn sich mit pathetischer Geste der rote Vorhang rafft, liegt die Bühne des Schauspielhauses Bochum im Dunkel. Die Konturen eines zu Paaren...
Ich mache da nicht mehr mit», murrte der Statiker, der das Haus seit längerem mit Argwohn beobachtet hatte, und hängte ein Vorhängeschloss an die Tür des Kleinen Hauses in Dresden. Das war im Jahr 2002. Dem Publikum war schon seit 1998 der Zutritt verwehrt. Seitdem durfte nur noch geprobt werden, doch nun war zum allgemein maroden Zustand der Gebäudesubstanz noch...
Der Kritiker über sich
Ich hatte mich auf die Premiere gefreut. Und hätte gerne über sie geschrieben. Doch das geht jetzt nicht. Statt dessen ist von einem Skandal zu berichten. Ich wurde von einem Schauspieler körperlich genötigt, nach ungefähr zwanzig Minuten das Theater zu verlassen. Dabei rief er mir die schönen deutschen Sätze «Hau ab, du Arsch! Verpiß dich!...